Linzer Nachtwächter muss für sieben Tage hinter Gitter
Von Jürgen Pachner
Seit sieben Jahren bietet Wolfgang Liegl als „Nachwächter zu Lintze“ Führungen durch die oö. Landeshauptstadt an. Mehr als 40.000 Menschen erfreuten sich bereits an den originellen Geschichten, die der gelernte Konditor bei den Rundgängen durch das abendliche Linz zum Besten gibt. Sein lautstarkes „Gott zum Gruße“ ist inzwischen ebenso legendär wie das riesige Signalhorn, die Brottasche und die Hellebarde – die er bei den Touren stets mitschleppt.
Eine Woche lang müssen Touristen nun aber auf die Dienste des 48-Jährigen verzichten: Liegl ist am Montag von einem Gerichtsvollzieher verhaftet worden – er hat in der Justizanstalt eine siebentägige Arreststrafe abzusitzen. Ein Zivilrichter hatte die Strafe verhängt, weil sich der Beschuldigte nicht an den mit einer Fremdenführerin geschlossenen Vergleich gehalten habe und mehrere Geldstrafen erfolglos blieben.
Rechtsstreit
„Es handelt sich um den Fall einer exekutiven Strafhaft“, erklärt Walter Engelberger, Vorsteher des Bezirksgerichts Linz im KURIER-Gespräch. Liegl sei wiederholt seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, alle Prospekte, in denen Führungen mit dem Titel „Sagenhafte Hinterhöfe, Keller und Krypten“ angeboten wurden, aus dem Verkehr zu ziehen.
Die sieben Tage Haft seien ein Ausgleich dafür, dass der Nachwächter in der Vergangenheit die Geldstrafen ignoriert habe und erst kürzlich in einem Hotel wieder ein beanstandetes Prospekt aufgetaucht sei. „Sinn ist, dass er sich endlich an den von ihm mitgetragenen gerichtlichen Vergleich hält“, betont Engelberger. Er verweist darauf, dass in Österreich eine derartige Haftstrafe allerdings eine große Ausnahme darstelle.
Der Rechtsstreit mit der Fremdenführerin hatte den Nachwächter schon zuvor in die Insolvenz getrieben. Fast 100.000 Euro Schulden sollen im Lauf der Zeit angefallen sein. Für den beliebten Guide wurde deshalb – wie berichtet – auch ein Spendenkonto eingerichtet, damit er sein Konkursverfahren eröffnen konnte. Unterstützung erhielt er auch vom Linzer Bürgermeister Klaus Luger.
Die Verhaftung
Montagfrüh dürfte für den 48-Jährigen allerdings überraschend gekommen sein. „Weder er noch ich waren vorab informiert“, sagt Robert Schgör, Rechtsanwalt des Beschuldigten. Es sei normalerweise üblich, dass eine Haft nicht sofort anzutreten ist. „Man hätte dann auch die Möglichkeit, einen Strafaufschub zu beantragen. In dem Fall macht das aber wenig Sinn, bis der bewilligt wäre, sind die sieben Tage um.“ Rein juristisch habe das Gericht jedoch korrekt gehandelt.
In der Justizanstalt wird Liegl – von Strafhäftlingen getrennt – in einer Einzelzelle betreut. „Er hat auch gesonderten Ausgang.“ Sobald der 48-Jährige entlassen sei, werde er wieder als Nachwächter arbeiten. Schgör: „Er ist renommiert und gern gesehen.“