Die Omama weiß: Morgen ist es vielleicht zu spät
von Christa Koinig
Ich bin der lustige Seppy, ich bin eine Puppe und bin dazu da, Spaß zu machen, Freude zu bringen und gute Laune zu verbreiten. Meist gelingt es mir auch, aber manchmal kommen Dinge daher, die werfen mich so richtig aus der Bahn.
So wie neulich, als eine meiner Lieblingspuppen verschwunden war. Ich weiß überhaupt nicht, wie das passieren konnte, es kam für mich so plötzlich und unerwartet. Die wunderbarste aller Puppen war weg. Ich konnte nur mehr an sie denken und hab’ alles andere rund um mich herum vergessen.
Applaus für das verdutzte Gesicht
Die kleinen, mittleren und größeren Zuschauer im Puppentheater hatten es wahrscheinlich gar nicht richtig bemerkt, denn als ich falsch gesungen hab’, fanden sie es witzig. Dass ich mein Leiberl verkehrt herum angezogen hatte, hat wohl auch niemanden gestört, und als ich dann noch meinen Text vergessen hatte, hab’ ich für mein verdutztes Gesicht sogar Applaus bekommen. Ich hab’ mich echt bemüht, die Vorstellung fertig zu spielen, und als der Schlussapplaus kam, war ich richtig erleichtert.
Letzte Worte an die Puppe
Omama, die wusste, was los war, hat hinter den Kulissen auf mich gewartet und mich getröstet. Da wär’ ich fast in Tränen ausgebrochen. „Warum bist du traurig?“ sagte sie, „du weißt doch, dass ich alte Puppen repariere. Ich hab diese Puppe gesund gepflegt, jetzt wurde sie abgeholt.“
Ist okay, aber ich wollte der schönen Puppe noch so gern sagen, dass sie mir gefällt und dass ich sie mag. Und wie konnte es anders sein? Omama hatte wie immer den passenden Rat: „Wenn du jemandem etwas Liebes sagen möchtest, mach’ es gleich, denn morgen kann es vielleicht zu spät sein.“
Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters.