Ein Fahrradkeller ohne Regeln in Linz
Von David Retzer
Beißender Geruch von Urin und Bier steigt in die Nase. In den Ecken auf dem gelben Boden überall Pfützen – alle paar Meter wurde hier die Notdurft verrichtet. Leere und teils zerbrochene Bierflaschen zieren den Weg, genauso wie unzählige Zigarettenstummel. Hinter einer Säule, leicht versteckt, hat jemand sein Schlafquartier eingerichtet.
Die Rede ist vom eigentlich stark genutzten Radkeller am Linzer Hauptbahnhof. Die Radlobby OÖ kritisiert die Zustände seit Jahren. Der Fahrradkeller ist von der Stadt angemietet, das Gebäude gehört den Real-Treuhand Immobilien. „Die Bahnhof-Securitys fühlen sich nicht für den Keller zuständig, die Polizei duldet die Obdachlosen. Es herrscht ein Raum ohne Regeln“, sagt Thomas Hofer von der Radlobby.
Zutritt mit Chipkarte
Er fordert ein funktionierendes Zutrittssystem – derzeit würde die Glastür, die nur mit Bankomatkarte aufgeht, einfach ausgehebelt werden. Mit Gittertor und eigener Chipkarte, wie etwa am Hauptbahnhof in Salzburg könnte das Problem gelöst werden.
Doch wie lange es den Radkeller noch geben soll, ist unklar. Denn neben der Neugestaltung des Busbahnhofs soll 2025 auch eine überdachte „Bike & Ride“-Anlage am Bahnhofsvorplatz entstehen. Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP) kann sich jedenfalls vorstellen, dass im Keller künftig Fahrradboxen aufgestellt werden: „Es wäre eine sichere Lösung, um hochwertige Fahrräder zu schützen.“
Von Real-Treuhand Immobilien konnte der KURIER nach Anfrage niemanden erreichen, auch Infrastruktur-Stadtrat Dietmar Prammer (SPÖ) hatte keine Zeit für eine Statement.
Bahnhofsmission
Weiters setzt sich die Radlobby für eine menschenwürdige Unterbringung der Obdachlosen, die derzeit im Radkeller übernachten, ein. In Form von Non-Compliance-Räumen, also Unterkünfte, in denen Obdachlose ohne Vorgaben übernachten können.
„Solche Räume könnten bestimmt helfen. Dafür braucht es aber eine geeignete Liegenschaft“, erklärt Vizebürgermeisterin Karin Hörzing (SPÖ). Zuletzt setzten sich auch Stadtrat Michael Raml (FPÖ) und Hajart für diese Räume ein, um die Situation am Hauptbahnhof zu verbessern.
Die KPÖ schlägt eine Bahnhofsmission in der ehemaligen Drehscheibe direkt im Bahnhofsgebäude vor. Dort könne ein Sozialdienst mit Ruheraum, sanitären Einrichtungen und Gesprächsangeboten entstehen.
B37 Geschäftsführer Christian Gaiseder sieht den Vorschlag skeptisch. „Es gibt genügend Anlaufstellen in Linz. Viele wollen sie nicht nutzen. Ich kann nicht sagen, ob eine Bahnhofsmission die Situation verbessern würde oder noch mehr Personen anzieht.“
Was helfen würde, wären Gratis-Toiletten am Bahnhof – das fordert auch die Radlobby. „Das gab es schon einmal und hat die Situation sofort verbessert“, sagt Gaiseder.