Die zweite Quantenrevolution: von Science-Fiction und Innovation
Uns Menschen wohnen fundamentale Neugierde und Entdeckungsgeist inne. Das hat über die Jahrhunderte zu einem massiven Sammelsurium an Entdeckungen, Erkenntnissen und Wissen geführt. In Anbetracht dessen ist es verständlich, dass man sich manchmal fragt, was es heute noch zu entdecken und erkunden gibt.
Doch wir müssen unseren Entdeckungsgeist nicht unbedingt nur mit Fantasy und Science-Fiction befriedigen. Die Welt dort draußen hält noch viele weiße Flecken, Mysterien und Fragen bereit - gerade, wenn man auf ganz große oder ganz kleine Skalen blickt.
Während das neue James Webb Space Telescope hochaufgelöste Bilder des ganz großen Universums liefert, fokussieren sich hier auf der Erde einige aufs andere Extrem: die Welt im ganz Kleinen. Einzelne Atome, Elektronen und Photonen gehorchen Gesetzen, die mindestens so exotisch und fantastisch anmuten wie Science-Fiction: die Quantenmechanik.
Digitalisierung nicht ohne Quantenrevolution
Das Erkunden dieser fremden Welt basierte anfangs auf Neugierde und Entdeckungslust, hat aber spätestens seit den 1960er Jahren maßgebliche technologische Innovationen beflügelt. Transistoren und Laser sind zum Beispiel Produkte dieser ersten Quantenrevolution. Die heute omnipräsente Digitalisierung hätte es ohne diese fundamentalen Bauteile vermutlich so nie gegeben.
Und vielleicht ist das erst der Anfang. Eine zweite Generation von Quantenpionier*innen ist noch tiefer vorgedrungen und hat aufgezeigt, dass sich sogar Information selbst - die Art und Weise, wie wir Wissen speichern und verarbeiten – im ganz Kleinen völlig anders verhält als wir es gewohnt sind.
Nobelpreis 2022
Drei von ihnen - John Clauser, Alain Aspect und Anton Zeilinger - haben genau dafür den Nobelpreis 2022 gewonnen. Und aus gutem Grund. Ihre Idee, Wissen und Wissensverarbeitung selbst anders zu denken, hat mittlerweile zum Beginn einer zweiten Quantenrevolution geführt.
Dazu gehören Quantencomputer für völlig neuartige Informationsverarbeitung, sowie Quantennetzwerke für unknackbar sichere Kommunikation. Diese Technologien stecken heute noch in ihren Kinderschuhen. Es wird wohl noch einige Jahr(zehnte) harte Arbeit brauchen, bis sie ihr disruptives Potenzial entfalten können.
Impulse aus Österreich
Der Keim dieser zweiten Quantenrevolution sprießt gerade weltweit. Und wichtige Impulse kamen und kommen aus Österreich – auch aus der JKU. Hier ist es Forschern JKU gemeinsam mit der Uni Wien gelungen, erstmalig eine neuartige Quantenlichtquelle für die Erzeugung von verschränkten Lichtteilchen aus Halbleiternanostrukturen für eine sichere Quantenkommunikation zu demonstrieren.
Für ein kleines Land sind wir erstaunlich weit vorne dabei. Wir sollten diese historisch gewachsene Führungsrolle unbedingt pflegen und weiter ausbauen. Vive la révolution quantique!
Die Gastkommentare zur KURIER-Serie "Guter Stoff" sind Teil einer Kooperation zwischen dem KURIER-Newsletter für Linz (Donaubrücke) und Universitäten und Institutionen in Linz. Richard Küng ist Professor für Quantum Computing an der Johannes Kepler Universität Linz. Zuvor war er jahrelang Wissenschaftler am renommierten California Institute of Technology in Pasadena, Kalifornien.