Chronik/Oberösterreich

„Linz traut sich was, Wels nicht“

Ginge man von blanken Zahlen aus, dürfte in Wels eigentlich kein Mensch freiwillig wohnen wollen.

Arbeitslose, Verkehrsunfälle, aufgeklärte Kriminalfälle, Einkommen, Mietpreise, Kulturstätten, Geschäfte – bei einem Ranking des Nachrichtenmagazins News wird die Statutarstadt bei diesen Kriterien sogar von Wien-Favoriten übertrumpft.

So einfach sei es aber nicht, betont Mathematiker Rudolf Taschner, der für das Magazin die Rohdaten aller 117 Bezirke berechnet hat. Das Ergebnis: Dornbirn in Vorarlberg ist die beste und Wels eben die schlechteste Stadt. „Lebensqualität ist naturgemäß aber eine Ermessenssache“, sagt Taschner.

Hört man sich in Wels um, so wirken seine Einwohner mit ihrer Stadt recht zufrieden. Kritikpunkte sind beim KURIER-Lokalaugenschein lediglich, dass die Innenstadt „vom Aussterben bedroht“ sei und dass es ein Problem mit den Migranten, die 19,7 Prozent der Einwohner ausmachen, gebe.

Probleme, deren sich Bürgermeister Peter Koits (SPÖ) bewusst sei, betont er. Es werde an allen Fronten gearbeitet. Die Uneinigkeit der Stadtparteien trage zu einem schlechten Image nach außen bei. „Es ist schade, dass nicht alle an einem Strang ziehen“, sagt er.

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Noch deutlicher wird Ex-Vizebürgermeister Martin Stieger (ÖVP), Obmann der Initiative Lebensraum Wels: „In der Politik wird mehr verwaltet als gestaltet.“ Der Stadt fehle es an „Lässigkeit“, sagt er. „Man stelle sich vor: Linz ist komplett pleite und leistet sich trotzdem ein Lentos, ein Ars Electronica Center, ein Musiktheater und jetzt auch noch eine medizinische Fakultät. Linz traut sich was, Wels nicht.“

Ein großes Anliegen der Initiative sei es, die Innenstadt zu beleben. Darum bemüht sich seit Jahren auch das Stadtmarketing. Die Mission scheitere aber häufig an Formalitäten. „Die Hauseigentümer sind noch von den goldenen Zeiten verwöhnt, wo Wels die Top-Einkaufsstadt war. Die Kaufleute erwirtschaften das heute aber nicht mehr“, sagt Stieger.

Die schlechte Bewertung in News könne als Turbo wirken. „Das rüttelt uns wieder wach“, sagt er und meint, dass der letzte Platz marketingtechnisch sogar sehr günstig sei: „Oder erinnern Sie sich, wer am vorletzten Platz war?“