Chronik/Oberösterreich

Lebensmittel mit Ampeln versehen

Andrea Wesenauer ist seit Anfang 2011 Direktorin der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Die 46-Jährige ist die älteste Tochter eines Elektrikers aus Mondsee, die Mutter war zu Hause. „Ganz einfache Verhältnisse, aber eine sehr große und glückliche Familie, ein gesundes Umfeld.“ Sie studierte in Linz Betriebswirtschaft und trat anschließend in die Gebietskrankenkasse ein. Sie ist Mutter einer 13-jährigen Tochter.

KURIER: Es gibt Stimmen in der SPÖ, die sagen, Sie werden im November Landesrätin.

Andrea Wesenauer: Mit mir hat darüber noch niemand gesprochen. Insofern kann ich dazu nichts sagen (lächelt).

Es ehrt Sie doch, dass Sie für diese Funktion im Gespräch sind.

Das ehrt mich, aber wie gesagt, es gibt keine Gespräche.

Haben Sie einen Zug zum Politischen?

Nehmen Sie ihn wahr?

Nach außen hin nicht, nach innen kann ich es nicht beurteilen.

Na ja (lacht). Man muss politisch sein, um so eine Funktion an der Schnittstelle zwischen Politik und Management wahrnehmen zu können. Ich bin hier in einer Managementposition, dafür bin ich ausgebildet. Das ist auch das Feld, das ich gerne bearbeite. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, glaube ich.

Wechseln wir zur Sachpolitik. Gesundheitsminister Alois Stöger, der ja früher Obmann Ihrer Organisation war, hat im KURIER-Interview gemeint, ein Schwerpunkt müsse die Vorsorge sein.

Ich sehe das genauso. Die Gebietskrankenkasse war hier Vorreiter. Wir haben seit den 1990er-Jahren eine eigene Abteilung für Gesundheitsförderung. Wir begleiten zum Beispiel Frauen von Beginn der Schwangerschaft an. Wir informieren sie über die richtige Ernährung.

Durch die Ernährung der Mütter werden ja Vorlieben der Kinder schon in der Schwangerschaft vorgeprägt.

Das sind ganz neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Das Geschmacksempfinden der Kinder wird stark durch das Ernährungsverhalten der Mutter geprägt. Was die Mutter gern isst, isst meistens auch das Kind gerne. Wenn sich die Mutter falsch ernährt, überträgt sich das auf das Kind. Wir machen die Mütter auf dieses Phänomen aufmerksam, damit sie einen Beitrag leisten, dass sich die Kinder später gesund ernähren.

Die Vorsorge hat auch ihre Grenzen. Seit Jahren und Jahrzehnten wird gegen das Rauchen gepredigt. Wenn man die große Anzahl junger Raucher sieht, hat man den Eindruck, dass alles Reden umsonst ist.

Das ist genau die Schwierigkeit. All jenen, die sagen, das ist Eigenverantwortung und jeder müsse selbst schauen, dass er gesund bleibe, muss man sagen, das geht am Bedarf vorbei. Man muss die Menschen dort abholen, wo sie sich befinden. Intellektuell begreift es jeder, dass man nicht rauchen, nicht süß und nicht fettig essen soll. Die Schwierigkeit besteht aber darin, das in den täglichen Handlungablauf umzusetzen. Dazu braucht es nicht nur das individuelle Wissen, sondern den Kontext, das Umfeld so zu gestalten, dass das möglich wird. Wenn ich den Kindern sage, sie sollen in der Pause nicht ein Snickers essen, sondern eine gesunde Jause, aber wenn nur Snickers angeboten werden und kaum eine gesunde Jause, wo werden die Kinder hingreifen?

Das Bemühen um die Vorsorge beruht letzten Endes auf Appellen an den Menschen.

Nicht nur. Es geht auch um die Rahmenbedingungen. Je mehr ich diese und das Umfeld gestalte, umso mehr kann ich dazu beitragen, dass der Appell auch umgesetzt wird. Wir haben in der Gesundheitsförderung zwei Ansatzpunkte. Es ist das Umfeld zu gestalten und die Menschen sollen geschult werden, damit sie auch wissen, worum es geht.

Manche vertreten die Meinung, man sollte zusätzlich auf finanzielle Anreize setzen. Indem man jene, die sich positiv verhalten, mit finanziellen Vorteilen belohnt.

Ich halte davon nicht viel. Wir wissen aus der Steuerungstheorie und Steuerungslogik, dass das nicht den Effekt bringt, den wir brauchen. Es spricht vornehmlich jene an, die sich sowieso schon richtig verhalten. Jene, die es nicht machen, sind oft gar nicht in der Lage , das aufzugreifen. Je bildungsferner und je einkommensschwächer die Menschen sind, umso stärker ist der Bedarf nach Förderung und nach stärkeren Rahmenbedingungen. Das betrifft die Wohn- und Arbeitssituationen, die Schulen etc. Wenn ich zu jemandem sage, er soll gesund leben, der in einer feuchten, zu kleinen Wohnung lebt, die noch dazu dem Lärm ausgesetzt ist, ist das unrealistisch. Ähnliches gilt für eine alleinerziehende Mutter, die drei Kinder hat. Ihr zu sagen, sie soll sich mehr bewegen, wird nicht von großem Erfolg gekrönt sein. Diesen Menschen zu mehr Gesundheit zu verhelfen, kann ich fast nur über die Rahmenbedingungen steuern und nicht über die individuelle Information.

Stark im Zunehmen ist Diabetes (Überzuckerung des Blutes, Anm.). Vor allem auch bei den Kindern und Schülern. Hier kommt auf die Gesellschaft eine gewaltige Lawine zu.

Die Zivilisationskrankheiten, das sind jene, die durch falsche Ernährung und zu wenig Bewegung ausgelöst werden wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie sind stark im Zunehmen und verursachen einen ganz großen Kostenblock. Deshalb muss man mit der Prävention beginnen. Wenn aber jemand schon Diabetes hat, bieten wir das Projekt Therapie aktiv an. Das ist eine strukturierte Betreuung. Wir sind hier österreichweit die ersten.

In den Supermärkten werden Tausende von Artikeln angeboten. Für den Konsumenten sind die Inhaltsangaben aber schwer lesbar, die Formulierungen verstecken oft die wahren Inhalte. Der Käufer ist de facto überfordert, die richtige Auswahl zu treffen.

Es gibt andere Länder, die Ampelsysteme haben. Es wird dadurch angezeigt, ob das Lebensmittel in die gesunde Kategorie fällt oder indie gelbe oder rote Kategorie. Es muss für den Konsumenten leichter werden zu erkennen, ob etwas gesund ist oder nicht. Derzeit muss man sehr viel wissen, um zu entschlüsseln, was auf den Verpackungen steht. Viele haben die Zeit und das Wissen nicht. Die Information muss besser aufbereitet werden, damit der Konsument leichter erkennen kann, was er kauft. Wir haben gemeinsam mit der Wirtschaftskammer das Projekt Von Anfang an in Vorbereitung, wo wir im Handel informieren wollen, wie Mütter und Babys zu gesunden Lebensmitteln kommen. Das betrifft Lebensmittelgeschäfte und Drogeriemärkte.

Die Spitäler klagen über Ärztemangel, sie können die Turnus-arztstellen nicht mehr besetzen.

Wir wissen, dass in den kommenden Jahren viele Ärzte in Pension gehen werden und ein Nachbesetzungsbedarf besteht. Wir können jetzt aber noch alle Stellen nachbesetzen, obwohl wir am Land manche Stellen zwei, drei oder vier Mal ausgeschrieben haben. Der Trend geht eher in die Städte und in den Ballungsraum. Derzeit erkennen wir den Mangel noch nicht. Die Dramatik kann ich noch nicht bestätigen.

Was bedeutet aus Ihrer Sicht die Installierung einer medizinischen Fakultät in Linz?

Sie bedeutet, ein neues Ausbildungsprofil für die Ärzte zu unterstützen. Es soll auch bei den Ärzten Richtung Prävention und Gesundheitsförderung gehen. Denn wir wissen alle, wenn ein Arzt etwas sagt, zählt das bei den Menschen viel mehr als wenn das eine Gesundheitseinrichtung sagt. Auf die Prävention wird in der Ärzteausbildung derzeit zu wenig Rücksicht genommen. Dieser Bereich wäre eine Chance für die Linzer Fakultät. Wir könnten so Mediziner für die Zukunft ausbilden, die dem Bedarf der Zukunft auch gerecht werden.Es soll auch Familienmedizin verstärkt unterrichtet werden. Es geht hier darum, den Blick auf das familiäre Umfeld zu legen. Das ist das, was die Hausärzte früher selbstverständlich gemacht haben, weil sie die Familie über lange Jahre gekannt haben. Linz sollte hier einen Schwerpunkte setzen.

Andrea Wesenauer ist seit Anfang 2011 Direktorin der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Die 46-Jährige ist die älteste Tochter eines Elektrikers aus Mondsee, die Mutter war zu Hause. „Ganz einfache Verhältnisse, aber eine sehr große und glückliche Familie, ein gesundes Umfeld.“ Sie studierte in Linz Betriebswirtschaft und trat anschließend in die Gebietskrankenkasse ein. Sie ist Mutter einer 13-jährigen Tochter. KURIER: Es gibt Stimmen in der SPÖ, die sagen, Sie werden im November Landesrätin. Andrea Wesenauer: Mit mir hat darüber noch niemand gesprochen. Insofern kann ich dazu nichts sagen (lächelt). Es ehrt Sie doch, dass Sie für diese Funktion im Gespräch sind. Das ehrt mich, aber wie gesagt, es gibt keine Gespräche. Haben Sie einen Zug zum Politischen? Nehmen Sie ihn wahr? Nach außen hin nicht, nach innen kann ich es nicht beurteilen. Na ja (lacht). Man muss politisch sein, um so eine Funktion an der Schnittstelle zwischen Politik und Management wahrnehmen zu können. Ich bin hier in einer Managementposition, dafür bin ich ausgebildet. Das ist auch das Feld, das ich gerne bearbeite. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, glaube ich. Wechseln wir zur Sachpolitik. Gesundheitsminister Alois Stöger, der ja früher Obmann Ihrer Organisation war, hat im KURIER-Interview gemeint, ein Schwerpunkt müsse die Vorsorge sein. Ich sehe das genauso. Die Gebietskrankenkasse war hier Vorreiter. Wir haben seit den 1990er-Jahren eine eigene Abteilung für Gesundheitsförderung. Wir begleiten zum Beispiel Frauen von Beginn der Schwangerschaft an. Wir informieren sie über die richtige Ernährung. Durch die Ernährung der Mütter werden ja Vorlieben der Kinder schon in der Schwangerschaft vorgeprägt. Das sind ganz neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Das Geschmacksempfinden der Kinder wird stark durch das Ernährungsverhalten der Mutter geprägt. Was die Mutter gern isst, isst meistens auch das Kind gerne. Wenn sich die Mutter falsch ernährt, überträgt sich das auf das Kind. Wir machen die Mütter auf dieses Phänomen aufmerksam, damit sie einen Beitrag leisten, dass sich die Kinder später gesund ernähren. Die Vorsorge hat auch ihre Grenzen. Seit Jahren und Jahrzehnten wird gegen das Rauchen gepredigt. Wenn man die große Anzahl junger Raucher sieht, hat man den Eindruck, dass alles Reden umsonst ist. Das ist genau die Schwierigkeit. All jenen, die sagen, das ist Eigenverantwortung und jeder müsse selbst schauen, dass er gesund bleibe, muss man sagen, das geht am Bedarf vorbei. Man muss die Menschen dort abholen, wo sie sich befinden. Intellektuell begreift es jeder, dass man nicht rauchen, nicht süß und nicht fettig essen soll. Die Schwierigkeit besteht aber darin, das in den täglichen Handlungablauf umzusetzen. Dazu braucht es nicht nur das individuelle Wissen, sondern den Kontext, das Umfeld so zu gestalten, dass das möglich wird. Wenn ich den Kindern sage, sie sollen in der Pause nicht ein Snickers essen, sondern eine gesunde Jause, aber wenn nur Snickers angeboten werden und kaum eine gesunde Jause, wo werden die Kinder hingreifen? Das Bemühen um die Vorsorge beruht letzten Endes auf Appellen an den Menschen. Nicht nur. Es geht auch um die Rahmenbedingungen. Je mehr ich diese und das Umfeld gestalte, umso mehr kann ich dazu beitragen, dass der Appell auch umgesetzt wird. Wir haben in der Gesundheitsförderung zwei Ansatzpunkte. Es ist das Umfeld zu gestalten und die Menschen sollen geschult werden, damit sie auch wissen, worum es geht. Manche vertreten die Meinung, man sollte zusätzlich auf finanzielle Anreize setzen. Indem man jene, die sich positiv verhalten, mit finanziellen Vorteilen belohnt. Ich halte davon nicht viel. Wir wissen aus der Steuerungstheorie und Steuerungslogik, dass das nicht den Effekt bringt, den wir brauchen. Es spricht vornehmlich jene an, die sich sowieso schon richtig verhalten. Jene, die es nicht machen, sind oft gar nicht in der Lage , das aufzugreifen. Je bildungsferner und je einkommensschwächer die Menschen sind, umso stärker ist der Bedarf nach Förderung und nach stärkeren Rahmenbedingungen. Das betrifft die Wohn- und Arbeitssituationen, die Schulen etc. Wenn ich zu jemandem sage, er soll gesund leben, der in einer feuchten, zu kleinen Wohnung lebt, die noch dazu dem Lärm ausgesetzt ist, ist das unrealistisch. Ähnliches gilt für eine alleinerziehende Mutter, die drei Kinder hat. Ihr zu sagen, sie soll sich mehr bewegen, wird nicht von großem Erfolg gekrönt sein. Diesen Menschen zu mehr Gesundheit zu verhelfen, kann ich fast nur über die Rahmenbedingungen steuern und nicht über die individuelle Information. Stark im Zunehmen ist Diabetes (Überzuckerung des Blutes, Anm.). Vor allem auch bei den Kindern und Schülern. Hier kommt auf die Gesellschaft eine gewaltige Lawine zu. Die Zivilisationskrankheiten, das sind jene, die durch falsche Ernährung und zu wenig Bewegung ausgelöst werden wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie sind stark im Zunehmen und verursachen einen ganz großen Kostenblock. Deshalb muss man mit der Prävention beginnen. Wenn aber jemand schon Diabetes hat, bieten wir das Projekt Therapie aktiv an. Das ist eine strukturierte Betreuung. Wir sind hier österreichweit die ersten. In den Supermärkten werden Tausende von Artikeln angeboten. Für den Konsumenten sind die Inhaltsangaben aber schwer lesbar, die Formulierungen verstecken oft die wahren Inhalte. Der Käufer ist de facto überfordert, die richtige Auswahl zu treffen. Es gibt andere Länder, die Ampelsysteme haben. Es wird dadurch angezeigt, ob das Lebensmittel in die gesunde Kategorie fällt oder indie gelbe oder rote Kategorie. Es muss für den Konsumenten leichter werden zu erkennen, ob etwas gesund ist oder nicht. Derzeit muss man sehr viel wissen, um zu entschlüsseln, was auf den Verpackungen steht. Viele haben die Zeit und das Wissen nicht. Die Information muss besser aufbereitet werden, damit der Konsument leichter erkennen kann, was er kauft. Wir haben gemeinsam mit der Wirtschaftskammer das Projekt Von Anfang an in Vorbereitung, wo wir im Handel informieren wollen, wie Mütter und Babys zu gesunden Lebensmitteln kommen. Das betrifft Lebensmittelgeschäfte und Drogeriemärkte. Die Spitäler klagen über Ärztemangel, sie können die Turnus-arztstellen nicht mehr besetzen. Wir wissen, dass in den kommenden Jahren viele Ärzte in Pension gehen werden und ein Nachbesetzungsbedarf besteht. Wir können jetzt aber noch alle Stellen nachbesetzen, obwohl wir am Land manche Stellen zwei, drei oder vier Mal ausgeschrieben haben. Der Trend geht eher in die Städte und in den Ballungsraum. Derzeit erkennen wir den Mangel noch nicht. Die Dramatik kann ich noch nicht bestätigen. Was bedeutet aus Ihrer Sicht die Installierung einer medizinischen Fakultät in Linz? Sie bedeutet, ein neues Ausbildungsprofil für die Ärzte zu unterstützen. Es soll auch bei den Ärzten Richtung Prävention und Gesundheitsförderung gehen. Denn wir wissen alle, wenn ein Arzt etwas sagt, zählt das bei den Menschen viel mehr als wenn das eine Gesundheitseinrichtung sagt. Auf die Prävention wird in der Ärzteausbildung derzeit zu wenig Rücksicht genommen. Dieser Bereich wäre eine Chance für die Linzer Fakultät. Wir könnten so Mediziner für die Zukunft ausbilden, die dem Bedarf der Zukunft auch gerecht werden. Es soll auch Familienmedizin verstärkt unterrichtet werden. Es geht hier darum, den Blick auf das familiäre Umfeld zu legen. Das ist das, was die Hausärzte früher selbstverständlich gemacht haben, weil sie die Familie über lange Jahre gekannt haben. Linz sollte hier einen Schwerpunkte setzen.