„Klein-Vietnam“ breitet sich immer mehr aus
Von Jürgen Pachner
Als „Klein-Vietnam“ bezeichnen Mühlviertler scherzhaft das Gebiet zwischen der österreichischen Staatsgrenze und der tschechischen Kleinstadt Hohenfurth (Vyšší Brod). Die Geschäfte, Lokale und Marktstände entlang der B 161 scheinen nahezu alle in asiatischer Hand. Gartenzwerge aus Kunststoff, bunte Billig-Bekleidung und Taschen, Feuerwerkskörper und Vogelhäuschen dominieren das Straßenbild. Es sind vor allem Österreicher, die hier einkaufen, tschechische Kunden sind kaum zu sehen.
„Nach der Wende hat sich eine große vietnamesische Kommunität in Hohenfurth angesiedelt, die sehr bemüht ist, Immobilien zu pachten und aufzukaufen, um hier Handel zu betreiben“, sagt Bürgermeister Milan Zálešák. Eine Entwicklung, die man in der Stadtgemeinde mit Skepsis betrachtet. Selbst am Stadtplatz sind von Tschechen betriebene Geschäfte mittlerweile bereits die Ausnahme. Grund: Einheimische Händler können mit den Dumping-Preisen der Asiaten nicht Schritt halten.
„Wir haben jedenfalls kein Interesse daran, dass noch weitere Marktstände oder Spielhöllen entstehen. Die rechtlichen Möglichkeiten, diese geschäftlichen Monokulturen einzubremsen, sind aber gering“, betont Zálešák. So sei beispielsweise nur durch die Kompetenz-Bündelung dreier Behörden möglich gewesen, ein Verbot für das Aufhängen von Waren an Hausfassaden zu erlassen: „Wir müssen unbedingt Regeln aufstellen, sonst überrollt uns das – und wird eines Tages unüberschaubar.“
Probleme für OÖ
Die Kaufwut der Volksgruppe scheint tatsächlich kein Ende zu nehmen. Erst kürzlich wurde in Grenznähe wieder ein von Vietnamesen betriebenes Outlet-Center eröffnet, dessen Warenangebot sich von dem der Straßenhändler kaum unterscheidet. Auch das ehemalige tschechische Zollamt hat ein Asiate erworben – er lässt es zu einem Geschäftszentrum umbauen.
Offiziell sind in Hohenfurth derzeit 183 Vietnamesen gemeldet. Täglich pendeln aber auch welche aus Krumau, Kaplitz und Prag in die Grenzstadt. Hinzu kommt eine Dunkelziffer an Asiaten, die sich illegal hier aufhält. Bei Kontrollen wird die Fremdenpolizei regelmäßig auch fündig. Dabei sollen auch schon Schüsse gefallen sein.
Dass neben den offiziellen Waren auch illegale Produkte angeboten werden sollen, scheint für viele Österreicher ein offenes Geheimnis. Von negativen Auswüchsen, die über die Grenze reichen, weiß etwa Erwin Pilgerstorfer, Kriminalreferent der Bezirkspolizei Urfahr-Umgebung, zu berichten. „Neben Produktpiraterie und dem Handel mit bei uns verbotenen pyrotechnischen Gegenständen gibt es auch Probleme mit der Herstellung und dem Verkauf von Marihuana und Crystal Meth.“ Auch Schlepperei und Menschenhandel würden zunehmen.