Kleidung für eine Strecke von der Promenade bis zur Blumau
Von Daniel Voglhuber
Brauchen Kostümbildner des Linzer Landestheaters für eine neue Produktion Camouflage-Anzüge für eine Armee oder ein märchenhaftes Prinzessinnenkleid, so ist die Chance groß, dass sie im kürzlich übersiedelten Kostümfundus relativ schnell fündig werden. In dem fensterlosen Lager des neuen Musiktheaters an der Blumau hängen nämlich nicht nur Kleidungen zu fast jedem Anlass und von vielen vorangegangenen Produktionen am Haken – sie sind auch nach Farben, Kategorien und Geschlechtern der Künstler penibel geordnet.
Rund 100.000 Kostümteile lagern hier, darunter 5000 Paar Schuhe oder 11.000 Kopfbedeckungen. Auf drei Etagen, die durch Gitterböden voneinander getrennt sind, reihen sich 1600 Laufmeter hängende Kleidungen. „Die Stücke aneinandergereiht ergeben ungefähr den Weg vom alten Haus bis hier her“, zieht Renate Schuler, die Leiterin des Fundus, einen greifbaren Vergleich heran. Bis vor Kurzem waren die kostbaren Stücke auf 13 verschiedene Räume im Haus an der Promenade verteilt.
Päpste
Fast wirkt das Lager wie ein riesiger Second-Hand-Laden. Aber in dem großen Raum muffelt es nicht nach alter Kleidung. Außerdem gibt es in den Vintage-Geschäften wohl kaum zig farbenprächtige Turbane oder mehrere Purpurornate für Kardinäle, die neben den vielen weißen Gewändern des Katholischen Kirchenoberhauptes zu finden sind. „Falls wir einmal mehrere Päpste brauchen.“ Ein paar Reihen weiter lagern alte Uniformen, in deren Innenseite man Stempeln aus vergangenen Tagen findet. Das älteste Stück im Fundus, ein Herrenrock, wurde 1907 gefertigt. „Ich mag die alten Sachen, die sind nicht so kitschig wie einige Dinge aus den 70er- und 80er-Jahren“, erklärt die Absolventin der Textil-Meisterklasse der Kunstuni Linz.
Und auch metallische Panzerungen warten auf ihren Einsatz. Für die Darsteller und die Anforderungen von heute – die Künstler bewegen sich mehr auf der Bühne – sind sie aber oft nicht mehr geeignet. „Für King Arthur brauchten wir Rüstungen. Aber die waren zu schwer.“ Leichtere Abbildungen wurden nach den Originalen geformt. Damit die Textilien noch länger halten und nicht von ungebetenen Motten zerfressen werden, greift Schuler auf Lavendel zurück. „Ich habe gerade sechs Kilo bekommen“, sagt die Designerin, die auf eine 18-jährige Erfahrung als Kostümbildnerin zurückblickt.
Umzug
Warum sie zu dem Hausmittel greift, ist einfach erklärt: Ich möchte absolut keine Chemikalien am Arbeitsplatz haben.“ Beim Umzug seien im alten Haus an der Promenade Mottenkugeln aufgetaucht. „Die waren hoffentlich alle leer.“ Zwei Wochen lang dauerte die Übersiedelung ins neue Musiktheater, das am 11. April eröffnet wird. Zuvor hatte Schuler schon einen Logistikplan ausgetüftelt und sich ein Konzept für die Lagerung der Kleidungsstücke zurechtgelegt. „Ich liebe Ordnung.“ Das sei ihr schon in die Wiege gelegt worden. „Meine Mutter ist Informatikerin, mein Vater war Ingenieur.“
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