Chronik/Oberösterreich

Klaus Luger: „Asylverfahren dauern viel zu lange“

Klaus Luger (53) ist seit zehn Monaten Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz.

KURIER: Was hätte der Studentenfunktionär Luger gesagt, wenn der Linzer Bürgermeister die Unterbringung von Asylwerbern in der Kaserne Ebelsberg abgelehnt hätte?

Klaus Luger: Ich hätte wahrscheinlich Ende der 1970er-Jahre den Bürgermeister kritisiert.

Versteht der Bürgermeister den Studenten Luger?

Er würde wahrscheinlich auch heute Kritiker verstehen, aber es ist nicht sehr schwierig sich selbst zu verstehen. Die Sichtweise des Studenten Luger ist eine völlig andere als die des Bürgermeisters, der andere Abwägungen vorzunehmen hat.

Die Bewohner von Ebelsberg lehnen die Asylwerber ab, aber warum Ihr Nein? Minister Klug hat die Kaserne angeboten.

Es gibt ein inhaltliches und ein formalrechtliches Argument. Die derzeitige Flächenwidmung untersagt derzeit eine Unterbringung. Wenn ich das gemacht hätte, wäre das Amtsmissbrauch gewesen. Ich verstecke mich aber nicht hinter dem Formalrechtlichen. Ich habe auch inhaltliche Gründe. Ich bin gegen große Aufnahmezentren. Es ging nicht darum, für eine bestimmte Zeit Flüchtlinge aufzunehmen. Wir haben 850 Asylwerber in Linz, dass sind rund 20 Prozent aller in Oberösterreich. Wir leisten unseren Beitrag. Es soll jedes Bundesland ein Aufnahmezentrum haben. Und dann soll je nach den Quoten, die für jedes Bundesland besteht, auf die Länder aufgeteilt werden. Innerhalb der Ländern soll man sie auf die Bezirke aufteilen. In kleine Einheiten und dezentral. Der Kompetenzwirrwarr zwischen dem Bund und den Ländern ist so angelegt, dass es Konflikte gibt. Die Ministerin sollte das Recht haben, Asylwerber zuzuweisen, wenn die Quote in der Region nicht erfüllt ist. Sie soll nicht vom Goodwill von neun Landesregierungsmitgliedern abhängig sein.

Dazu kommt noch, dass die Asylverfahren nach wie vor zu lange dauern. Die Kritik des Kärntner Landeshauptmannes Peter Kaiser ist völlig berechtigt. Die Statistiken sind mathematisch richtig, aber objektiv falsch. Wir haben zwar im ersten Halbjahr heuer um 1,9 Prozent mehr Verfahren da, aber es sind viel mehr Leute da. Sie sind aber nicht in der Statistik, weil sie erst ab Einleitung des Verfahrens gezählt werden. Was wir erleben ist, dass der Zeitraum bis zur Einleitung des Verfahrens viel zu lange dauert. Das neue Bundesasylamt braucht viel zu lange.

Nachdem Tausende Asylverfahren, die sich jahrelang dahingezogen haben, aufgearbeitet worden sind, ist versprochen worden, dass die Verfahren kürzer werden.

Das ist offensichtlich nicht passiert. Es dauert immer noch zu lange. Darum sind in den Erstaufnahmezentren viel zu viele Leute wie eben in Traiskirchen mit 1700 Asylbewerbern. Sie kommen dort nicht weg, weil sie noch nicht in der Betreuung sind. Deshalb kann man das nicht in zwei Aufnahmezentren konzentrieren.

Werden Sie aufgrund der jetzigen Erfahrung die Umwandlung der Kaserne Ebelsberg in ein Wohngebiet forcieren?

Nein. Aber es ist das Wohngebiet der Stadt ab 2018. Die jetzigen Bauprojekte Frachtenbahnhof und Frachtenbahnhof II werden fortgeführt. Der Gemeinderat wird nur einer Wohngebietswidmung zustimmen. Deshalb haben wir hier keinen Druck.

Sie haben sich mit Landeshauptmann Josef Pühringer über die Universitätsklinik, den Ausbau der zweiten Linzer Schienenachse und den Theatervertrag geeinigt. Zu Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie das Land noch massiv kritisiert.

Die strukturelle finanzielle Benachteiligung aller Gemeinden in Oberösterreich ist durch die Einigung nicht beseitigt. Wir haben ein paar offene politische Baustellen bereinigt, die ich geerbt habe. Die Gemeinden leisten überproportional viel an das Land. Das wird aber vor dem nächsten Finanzausgleich politisch nicht lösbar sein. Es ist aber gelungen, das politische Klima zwischen Stadt und Land zu entspannen. Die Gespräche waren sehr sachlich und fachlich. Der Kompromiss erspart der Stadt in den nächsten fünf Jahren 25 Millionen Euro. Wir sind aufeinander zugegangen. Auch aus einer sehr vernünftigen Grundeinschätzung heraus. Wir werden ökonomisch ganz brutal unter Druck kommen. Die Diskussion um den Industriestandort und die hohe Arbeitslosigkeit von 6,5 Prozentpunkten in Linz bedürfen einer gemeinsamen Politik. Wenn wir den Industriestandort nicht stärken, dazu gehört für mich die LISA-Junior-Schule, wenn wir die Infrastruktur nicht ausbauen, dazu gehört für mich zum Beispiel die zweite Schienenachse, wird die Region schwer unter Druck kommen. Wir können politisch durchaus streiten, aber wenn wir hier nicht zusammenfinden, dann lachen sich andere ins Fäustchen. Es ist ja wirklich eine schwierige Situation, nicht nur finanziell für die Stadt oder das Linz, sondern insgesamt. Hier heißt es Kräfte stärken. Es geht hier nicht um das Persönliche. Wir haben versucht, das zu lösen, damit man sich auch bei anderen Themen klimatisch leichter tut.

Ist das der Beginn einer längerfristigen Zusammenarbeit?

Ich würde nicht von einem Beginn sprechen, es hat sie immer gegeben. Aber es hat Zeiten gegeben, in der die Konflikte härter waren. Die zwei ehemaligen großen Parteien haben an Einfluss und Größe verloren, wissen aber, dass sie die Partner sind, die am ehesten kooperieren können. Auch bedingt durch die Sozialpartnerschaft. Zwischen der Landes-ÖVP und der Stadt-SPÖ herrscht ein sehr korrektes Klima.

Pühringer hat die Fusion der Energie AG mit der Linz Strom vorgeschlagen. Sie haben dies in einer ersten Stellungnahme abgelehnt.

Die Energie AG hat ein Problem, das wir und andere Stromerzeuger auch haben. Es gibt Überkapazitäten vom deutschen Markt und wir haben Kraftwerke, die nicht kostendeckend zu führen sind. Das drückt massiv auf die Gewinne. Das wird sich mit einer Fusion nicht ändern.

Immer mehr Konsumenten wechseln den Stromanbieter. Die Auswirkung dieser Liberalisierung wird man durch die Änderung von Unternehmensstrukturen nicht ändern. Wir sind gefordert die Kundenbindungen zu stärken. Denn Diskontstrom wird es weder von der Linz AG oder noch von der Energie AG geben. Es wird aber auch von unseren Konkurrenten nicht immer nur Dumpingpreise geben können. Dann relativiert sich die Lage. Es gibt nur ein Argument für die Fusion, nämlich den Vertrieb. Den machen wir in der Enamo schon gemeinsam.

Und dann gibt es noch ein Spezifikum. Die Linz AG deckt die gesamte Palette der Daseinsvorsorge ab, die Energie AG nicht. Wir haben in der Linz AG Synerigeeffekte. Die Linz Strom war bis vor Kurzem die Cashcow im Unternehmen. Die Gewinne aus dem Strom deckten einen Teil der Kosten des öffentlichen Verkehrs ab. Ich brauche die Linz Strom im Gesamtkonzern.

Zum Swap-Streit. Ein Kompromiss mit der Bawag zeichnet sich nicht ab. Der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät, Meinhard Lukas, rechnet, dass das Verfahren bis zum Obersten Gerichtshof gehen wird.

Aus der derzeitigen Sicht halte ich das für sehr wahrscheinlich. Ich fürchte es auch, weil es sehr viel Zeit und Geld kostet und Energien bindet, die wir für andere Themen bräuchten. Das erste Urteil in Niederösterreich, das in einer ähnlichen Sache gefällt worden ist, hat gezeigt, dass hier die Bank verurteilt worden ist. Hier wurden im Urteil genau die Punkte angeführt, die wir ebenfalls ansprechen: Die Vernachlässigung der Beratungspflicht, die Nichtwahrnehmung der Objektivität dem Kunden gegenüber und der negative Ausgangswert des Geschäftes. Ich bin aber immer noch der Meinung, wenn es eine Möglichkeit gibt, einen außergerichtlichen Vergleich zu finden, der von den vier Fraktionen akzeptiert werden kann, dann sollte man das versuchen. Dass Linz der Bawag sämtliche Ansprüche bezahlt, die sie geltend macht, ist aber kein Kompromiss.