Klassik am Dom in Linz: Ukraine-Verein will Netrebko-Absage
Von Josef Kleinrath
In Luzern wurde ein für den 1. Juni geplanter Auftritt von Anna Netrebko abgesagt - als Grund dafür war die zeitliche Nähe zu einer Ukraine-Friedenskonferenz in Luzern am 15. und 16. Juni angeführt worden.
Jetzt fordern ukrainische Vereinigungen in Oberösterreich, dass das für Freitag angesetzte Konzert der österreich-russischen Sängerin im Rahmen von "Klassik am Dom" in Linz ebenfalls abgesagt werde. Was für Simon Ertl, Geschäftsführer der Veranstalterfirma, nicht in Frage kommt.
"Musik hat die einzigartige Fähigkeit, über politische und gesellschaftliche Grenzen hinweg zu kommunizieren und Menschen zu verbinden", erklärt Ertl, "als Kulturveranstalter sehen wir es als unsere Aufgabe, diese universelle Sprache zu fördern und ungeachtet der politischen, ethnischen oder religiösen Herkunft das verbindende Element der Musik hervorzuheben. In diesem Fall mit italienischen Arien, die von Anna Netrebko, Yusuf Eyvazov, Daria Rybak, Jérôme Boutillier und Mattia Olivieri unter der Leitung von Marco Boemi aufgeführt werden."
Das Geschehen in der Ukraine erschüttere auch ihn zutiefst, versichert Simon Ertl, der klarstellt: "Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg und es liegt uns nichts ferner als eine Verharmlosung der Geschehnisse. Dennoch stehen wir als Veranstalter vor der schwierigen Situation, vertraglichen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten gerecht zu werden und treten gleichzeitig mit voller Überzeugung dafür ein, dass Kunst und Kultur als vereinendes Element einen positiven Einfluss nehmen kann."
Das Aussetzen des geplanten Konzertes würde die Kraft der Musik zum Verstummen bringen und wäre nicht nur eine gesellschaftliche Entscheidung, sondern auch eine weitreichende wirtschaftliche. "Aus wirtschaftlicher Sicht ist das für einen Konzertveranstalter unserer Größenordnung nicht stemmbar", sagt Ertl, "eine Absage würde weitgehende wirtschaftliche und existenzbedrohende Auswirkungen mit sich bringen".
Wiewohl Ertl abschließend einräumt, dass er die Bedenken und Vorbehalte ukrainischer Vereinigungen verstehe und sich der "kontroversen Diskussionen und der Polarität, die dieses Konzert begleitet, bewusst" sei: "Unsere Solidarität gilt den Opfern des Krieges und wir bedauern jeden weiteren Tag des Leides."
Das Konzert am Domplatz solle zur Gewissheit beitragen, dass "Musik als universelle Sprache verbinden" könne. Im Zuge der Absage in Luzern hatte das Management von Netrebko betont, dass "keiner ihrer fast hundert Auftritte seit März 2022 zu einer Störung der öffentlichen Ordnung geführt" habe.
Außerdem habe Netrebko im März 2022, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, mehrere Erklärungen abgegeben habe, "in denen sie sich gegen den Krieg aussprach und zum Frieden in der Ukraine aufrief", betonte ihr Management.