Chronik/Oberösterreich

„Hoffe auf weitere FP-Rücktritte“

Josef Ackerl ist Landeshauptmannstellvertreter. Im November will der 67-Jährige, der der Landesregierung seit 20 Jahren angehört, zurücktreten und die Funktion des Landesvorsitzenden der SPÖ Oberösterreich an seine/n Nachfolger/in übergeben.

KURIER: Die Eröffnung des Musiktheaters war für Sie unter anderem deshalb ein Freudentag, weil keine Freiheitlichen anwesend waren.
Josef Ackerl: Der eine Grund war, dass das Musiktheater endlich fertig ist. Der andere Grund ist die konsequente Haltung der Freiheitlichen, bei der Eröffnung nicht dabei zu sein. Wenn ich etwas nicht mag, dann nutze ich es auch nicht.

Die Landtagsabgeordnete Brigitte Povysil wurde aber bereits im Theater gesehen.
Ich glaube, dass die Freiheitlichen damit überhaupt kein Problem haben. Das ist alles ein Schmäh, was da abläuft. Diese Schmähs kennen wir von allen Ebenen. Zu den Zeiten Jörg Haiders waren sie die Partei der Unbestechlichen. Wenn man sich aber die Zahl ihrer Strafverfahren anschaut, dann sieht man, dass zwischen dem Sein und dem Schein ein Unterschied ist. Es würde zur Anständigkeit gehören, etwas nicht zu nützen, wenn man es bekämpft.

Sie haben aus Protest gegen die Ablehnung von antifaschistischer Organisationen im Landessicherheitsrat durch die FPÖ diesen verlassen. Damit ist dieses Gremium erledigt.
Ein Weiterbestehen des Landessicherheitsrates ohne Veränderungen wird es mit uns nicht geben. Es ist eine wesentliche Voraussetzung, dass in diesem Gremium eine offene Einladungspolitik herrscht. Es kann nicht sein, dass von der Fachlichkeit her das Ganze nur auf Behördenvertreter reduziert wird und dass Vertreter, die wir einladen wollen, einfach abgelehnt werden. Es geht um das Netzwerk gegen den Rechtsextremismus, es geht um Robert Eiter, es geht um das Mauthausen-Komitee und auch um andere.

Robert Eiter wirft der FPÖ vor, nach rechts hin gegenüber dem Rechtsextremismus und dem Neonazismus keine Abgrenzung vorzunehmen.
Die Freiheitlichen zerfallen in verschiedene Fraktionen. Mein Eindruck ist, dass dort, wo es um die Bildung des Nachwuchses geht, eine sehr rechte Partie am Ruder ist. Mich würde beispielsweise interessieren, was im FPÖ-Bildungshaus in Redleiten abläuft und wie dort junge Leute indoktriniert werden. In der Regel werden sehr junge Leute auffällig. Es ist eigenartig, dass der Ortsparteiobmann von Aurolzmünster, der wegen seiner Verurteilung wegen Wiederbetätigung aus der Partei ausgeschlossen worden sein soll, beim politischen Aschermittwoch der FPÖ wieder auftaucht. Er übt auch offensichtlich wieder seine Funktion aus. Man soll sich vor Verallgemeinerungen hüten, aber besondere Anstrengungen der FPÖ, den rechten Rand sauer zu halten, kann man nicht feststellen. Mir wäre es viel lieber, wenn die FPÖ sagen würde, ja, es gibt solche Leute bei uns, denn unser Spektrum reicht von rechtsliberal bis rechtsextrem. Alle Parteien bestehen aus unterschiedlichen Strömungen.
Ich musste heuer bei der Suche nach Flüchtlingslagern feststellen, dass aus dem freiheitlichen Lager eine organisierte institutionelle Hetze stattfindet, die vor Ort organisiert wurde. Zum Beispiel in Reichersberg oder in Altmünster. Es kommt auch immer wieder zu unterschwellig antisemitischen Äußerungen wie zum Beispiel bei der Facebook-Karikatur von Strache. Es wäre für die politische Kultur besser, sie legen ein offenes Eingeständnis ab, dass sie den rechten Rand, der zu den Neonazis hinübergleitet, nicht im Griff haben. Ich halte ihnen nicht vor, dass diese Leute bei ihnen sind, denn es so ist, wie es ist. Ich werfe ihnen die Feigheit vor, sich zu bekennen, dass sie für diese Leute ein Anziehungspunkt sind, weil sie für solche Leute attraktiv sind.

Der Linzer FPÖ-Klubobmann Sebastian Ortner musste nach der Aufdeckung seiner rechtsextremen Vergangenheit durch den KURIER zurücktreten.
Ich hoffe, dass noch mehrere FPÖ-Politiker, die immer wieder durch einschlägige Äußerungen auffallen, dem Beispiel Ortners folgen und ebenfalls zurücktreten. Ortner hatte nach bekanntwerden seiner Kontakte zur rechtsextremen Szene in Deutschland keine andere Wahl. Er wäre in seinem politischen Amt nicht mehr tragbar gewesen. Der Rücktritt war die einzig richtige Entscheidung.

In der Salzburger SPÖ gab es wegen des Zerwürfnisses von Gabi Burgstaller mit Wilfried Haslauer (ÖVP) eine Annäherung Richtung FPÖ. Nun hat Burgstaller jedoch eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass sich die Koalitionsfrage mit der FPÖ nicht stellt. Es soll die Möglichkeit einer parlamentarischen Zusammenarbeit gegeben sein, auch auf Orts- und Landesebene. Man sollte sich aber in Zeiten wie diesen davor hüten. Ich würde in Salzburg zuerst das Ergebnis abwarten und auch die ÖVP nicht ausschließen. Ich würde in Fragen der Zusammenarbeit vorsichtiger agieren.
Wir haben ein sehr starkes Potenzial an Menschen, die nicht nur die Inhalte, sondern auch die Art des Politikmachens der FPÖ ablehnen. Ich bin gegen eine grundsätzliche Ablehnung, weil es häufig gar nicht anders geht. Ohne Öffentlichkeit kann man mit Freiheitlichen gut bis sehr gut reden und einiges tun. Sobald die Öffentlichkeit dabei ist, kennt man sie nicht mehr. Das ist eine Partei mit mindestens zwei Gesichtern. Das wurde deutlich in der Regierungspolitik von 2000 bis 2007. Das, was sie vorher gesagt und das, was sie nachher getan haben, ist sehr stark auseinandergeklafft.

Ihr Ziel für die Nationalratswahl im September ist, stärkste Partei in Oberösterreich zu werden?
Das ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die ÖVP in Oberösterreich ist sehr stark und ihre organisatorischen Fähigkeiten sind gute Karten für die ÖVP. Wenn wir vorne sind, werden wir knapp vorne sein. Es wird eine der beiden Parteien knapp vorne sein.

Ihre Landesgruppe hat sich reformiert und konsolidiert.
Das stimmt schon. Wir haben uns auf einem niedrigeren Niveau konsolidiert, als wir bei der Nationalratswahl Stimmen haben. Wenn wir um die 30 Prozent Stimmen haben wollen, müssen wir ordentlich zulegen. Auch wenn wir gut aufgestellt sind. Im Vergleich zur ÖVP haben wir eine andere Ausgangsposition. Wir haben Kompetenzen, die von den Menschen nachgefragt werden, aber ob die ein Wahlbekenntnis zur SPÖ auslösen werden, ist nach wie vor nicht entschieden. Es sind noch fünf Monate zur Wahl.