Chronik/Oberösterreich

"Ich bin begeisterter Kanadier"

Vor 51 Jahren ist der 71-jährige Innviertler Helmut Hargassner nach Kanada ausgewandert. Er arbeitete praktisch sein ganzes Berufsleben für die Firma Birks, die eigene Uhren herstellt sowie sämtliche Luxusuhren und Schmuck vertreibt. Die Firma hat 1000 Beschäftigte. Hargassner fliegt mindestens zwei Mal jährlich nach Österreich, seine Schwester lebt in Altheim.

KURIER: Sie sind vor 51 Jahren nach Kanada ausgewandert. Warum?
Helmut Hargassner: Ich war mit dem Peuerbacher Manfred Trappmaier auf der Uhrmacherschule im Waldviertel. Da haben wir beschlossen, einmal für zwei Jahre ins Ausland zu gehen. Ursprünglich wollten wir nach Schweden, aber damals war dort eine Wirtschaftskrise, deshalb haben wir keine Visa bekommen.

Und so ist es dann Kanada geworden?
Richtig, das hat reibungslos funktioniert. Ich habe dann kurz für eine deutsche und eine Schweizer Firma gearbeitet. Eines Tages erhielt ich einen Anruf der Immigrationsabteilung. Sie sagten mir, es gibt bei der alteingesessenen Firma Birks einen Arbeitsplatz. So fing ich dort als Uhrmacher an.

Wie ging es weiter?
Nach vier Jahren wurde ich befördert und ging nach Ottawa, um die Uhrenabteilung zu leiten. Das machte ich zwölf Jahre. Schließlich kam ich nach Montreal und übernahm die Großhandelsabteilung. Mein Geschäft machte 24 Millionen Dollar Umsatz. Ich habe den Uhrenverkauf aufgebaut.

Hat es Ihnen von Anfang an gefallen in Kanada?
Mir hat es sehr gut gefallen. Mein Chef, Thomas Birks, war ein toller Mann. Ich habe viel von ihm gelernt. Die Firma hat sich sehr um die Mitarbeiter bemüht. Es gab bereits 1948 einen Pensionsplan für Angestellte. Und als zwei unserer drei Söhne auf die Universität gegangen sind, hat die Firma die Schulgelder bezahlt.

Einige Monate nach Ihrer Ankunft haben Sie Ihre Frau kennengelernt.
Ja, sie ist eine Franko-Kanadierin und hat ihre Arbeit für eine Telefonfirma elf Jahre lang unterbrochen, um die Kinder zu erziehen. Danach hat sie wieder ihren Job gemacht. Ich bin begeisterter Kanadier. Meine gesamte Familie hat die Doppelstaatsbürgerschaft. Wir wollen aber auch in Zukunft drei Monate in Österreich sein und überlegen, ob wir uns ein Haus kaufen.

Wenn ein junger Österreicher Sie fragen würde, ob er nach Kanada auswandern soll, was würden Sie ihm antworten?
Ich glaube, dass heute die Zeit eine andere ist. Man braucht eine bessere Schulbildung, um Fuß fassen zu können. Es gibt jetzt zum Beispiel nicht mehr so viele Möglichkeiten für Uhrmacher, weil die Reparaturen zentral von den Herstellerfirmen abgewickelt werden.

Wie ist der kanadische Lebensstandard im Vergleich zum österreichischen?
Es ist mir hier immer gut gegangen. Ich war zum Schluss Leiter der zentralen Uhrenabteilung. Heute ist der Lebensstandard ähnlich. Obwohl: Früher war es in Kanada besser. Der Verdienst war höher. In den vergangenen zehn, 15 Jahren hat sich das sehr abgeflacht.

Sie kennen Österreich und Kanada. Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen?
Ich bin immer wieder überrascht, welch gute Firmen das kleine Österreich hervorbringt. Da gibt es zum Beispiel den Hermann Hirsch in Klagenfurt. Er war einmal weltweit der größte Produzent von Uhrbändern. Er hat mir erzählt, dass er noch nie jemanden gekündigt hat. In Klagenfurt macht er die qualitativ hochwertigen Bänder, die billigen Bänder lässt er in Asien herstellen. Auch Oberösterreich ist ein typisches Beispiel, wie hervorragend die Österreicher sind.
Ich bin stolz, wenn ich von Firmen lese, die weltweit respektiert werden. Ich denke da an Anton Hargassner mit seinen alternativen Heizsystemen.