Chronik/Oberösterreich

„Hitlerbauten als brauner Fleck im Volksmund nicht hinterfragt“

Fast sieben Jahrzehnte nach Kriegsende nennt man die schlichten, aber funktionalen Wohnbauten am Bindermichl, Spallerhof sowie in der Hartmayr- und Harbachsiedlung noch immer „Hitlerbauten". Sylvia Necker, Zeithistorikerin aus Hamburg, war verblüfft, wie unverblümt die Linzer diesen Begriff in ihre Alltagssprache einbauen – „vor allem, da die Häuser von ihrem Entstehungszusammenhang ja völlig losgelöst sind", sagt sie.

Mit dem Bau der Hermann-Göring-Werke (heute voestalpine) im Jahr 1938 ist das vorher agrarisch geprägte Linz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zum Industriezentrum aufgestiegen. Die Landeshauptstadt wuchs bis 1945 von 128.000 auf rund 194.000 Einwohner an. 11.000 Wohnungen wurden von zwei Bauträgern in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft: Das Planungsbüro von Stahlwerke-Chefarchitekt Herbert Rimpl und eine städtische Gesellschaft mit Roderich Fick als Architekt.

Die Mietwohnungen werden seit Ende des Zweiten Weltkriegs von der WAG und der GWG verwaltet. Ähnliche Bauten gibt es in Wels und Steyr – eben überall, wo die Kriegsindustrie in den 1940ern vertreten war, erklärt die Historikerin. Hitlerbauten nenne man sie aber nur in der Stahlstadt: „Der Begriff dürfte eine Linzer Spezialität sein.“

Lebensraum

Dieser „braune Fleck" werde ihrer Ansicht nach  wenig hinterfragt. „Die Stadt bemüht sich sehr, sich mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen", gibt sie zu. Dabei fokussiere man aber fast ausschließlich die Repräsentationsbauten. Der Lebensraum der Bürger werde aus der Diskussion ausgeklammert, erklärt Necker: „Keiner muss sich sorgen ,Ach herrje, ich wohne in einem Haus mit problematischer Vergangenheit`, aber es sollte ein Bewusstsein für den historischen Hintergrund geschaffen werden."

Ausstellung im Nordico: Wohnbau im NS-Regime

Von 21. September bis 20. Jänner 2013 zeigt eine Schau im Linzer Stadtmuseum Nordico die 70-jährige Geschichte der so genannten „Hitlerbauten". Kuratiert wird die Ausstellung von Sylvia Necker aus Hamburg, die sich in ihrer Dissertation mit der Architektur der Führerstädte befasst hat. Im Rahmenprogramm gibt es unter anderem am Sonntag, 30. September ab 11 Uhr eine Ausstellungstour mit anschließendem Lokalaugenschein in der Harbachsiedlung.

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