Chronik/Oberösterreich

Hirschfütterung in einer wunderbaren Winteridylle

Es ist die perfekte Winteridylle. Die Äste der Bäume biegen sich unter dem Gewicht des Schnees, die Berghänge sind weiß, die Straße schlängelt sich im leichten Anstieg dahin, von einer Schneedecke bedeckt, daneben rauscht das Wasser der Krummen Steyrling, in der sich die Bachforellen tummeln. Von einzelnen Felsen hängen große Eiszapfen. Die Berglandschaft liegt in völlier Ruhe da, kein Auto- oder sonstiger Lärm stört. Der Schluchtwald ist voll von großen Tannen, Ulmen, Ahorn, Buchen und Eschen. Wir sind unterwegs im Bodinggraben des Nationalparks Kalkalpen, um bei der Hirschfütterung dabei zu sein.

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Talschluß Steyrsteg

Von Molln (Bez. Kirchdorf) bis zum Talschluß sind es rund 20 Kilometer. Wir lassen das Auto beim Parkplatz Scheiblingerau stehen, wo auch das Jaga häusl steht, das den Bescuhern eine Einkehrmöglichkeit bietet. Hier wurde in den 1980-er Jahren noch nach Öl gebohrt. Glücklicherweise vergeblich. „Wir haben den ehemaligen Holzlagerplatz, auf dem auch eine Seilbahn gegeendet hat, in einen Parkplatz für die Besucher umgewandelt“, erzählt Bernhard Sulzbacher von den Bundesforsten, der uns führt. Die letzten 1,7 Kilometer bis zur Fütterungsstelle legen wir zu Fuß zurück. Noch bevor wird die ersten Tiere gesehen haben, haben sie uns gesehen. Sie ziehen sich zurück auf die Hänge, wo sie unter den Bäumen verschwinden.

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Rotwild ist scheu

„Rotwild ist eine scheue Wildart“, erklärt Sulzbacher. „Es braucht Ruhe und weite Lebensräume, vor allem Äsungsmöglichkeiten in lichten Bergwäldern und Almen. Die Hirsche sehen extrem gut, in der Nacht 100 mal besser als der Mensch, sie riechen auch extrem gut. Und sie können aufgrund der langen Beine auf große Distanzen flüchten, zwei bis drei Kilometer weit. Deswegen bekommt man sie auch selten zu Gesicht. Der Hauptfeind war früher der Wolf. Der Hirsch ist eigentlich ein Steppentier.“

Sulzbacher ist bei der Holzhütte angekommen und bringt mit einem Holzschlitten 12 Heuballen zu den drei großen Fütterungsständen. Dazu kommen noch zwei Scheibtruhen mit Rüben. Wir ziehen uns zurück, gleichzeitig treten die Tiere aus dem Waldgestrüpp hervor. Zuerst fressen sie die Rüben, die für sie eine Delikatesse sind. Dann das Heu. Leider ist Sepperl nicht mehr unter den rund 100 Tieren, die zur Fütterung kommen. Er war ausgesprochen menschenfreundlich und ließ die Zweibeiner bis auf zwei, drei Meter an sich heran, Streicheln ließ er sich aber nicht. Er hat heuer 19-jährig das Zeitliche gesegnet. Überraschend sind vereinzelt Brunftrufe zu hören. „Um diese Zeit röhren keine Hirsche mehr, aber es wird eine Hirschkuh mit Nachbrunft sein. Das passiert eher bei einer älteren Kuh. Sie dürfte noch einmal Liebesgefühle entwickeln“, erläutert Sulzbacher, „der Hirsch reagiert sofort mit dem Röhren. Wenn ein Kalb entsteht, kommt es spät auf die Welt. Es geht dann sehr schwach in den nächsten Winter. Normalerweise kommt es Ende Mai auf Welt, die Brunft ist normalerweise Ende Sepember.“

Die Bundesforste laden im Jänner und Februar zu geführten Hirschfütterungen. Interessierte können sich im Nationalparkzentrum Molln (07584/3651) melden.