Hallstatt: Massentourismus als Fluch und Segen
Ein Selfie am historischen Marktplatz, eines mit dem See im Hintergrund und noch eines am Friedhof: Im tiefwinterlichen Hallstatt sind die Touristen aus Fernost stark präsent – auch wenn es bei minus neun Grad deutlich weniger Menschen in den malerischen Ort im oberösterreichischen Salzkammergut als sonst verschlägt.
Im Sommer karren täglich mehr als 80 Reisebusse die Touristen an den Hallstätter See. Tausende schlendern dann über die Seestraße in das Ortszentrum. Besonders beliebt als Fotomotive sind die evangelische Christuskirche am Seeufer und die katholische Kirche Maria am Berg mit dem sehenswerten Friedhof samt Beinhaus. In der Vergangenheit soll es immer wieder zu kuriosen Vorfällen gekommen sein – Touristen, die unabsichtlich Hochzeiten gestört haben sollen. Schaulustige Besucher, die sich unter Begräbnisgäste mischten. Zuletzt sorgte der Artikel einer Lokalzeitung über versperrte Kirchentüren und einen "Türsteher" während Gottesdiensten, Taufen, Hochzeiten und der bei Begräbnissen angeblich eigens abgeriegelte Friedhof für Aufregung. Der Bericht war sogar der BBC auf ihrer Internetseite eine Meldung wert.
"Begrüßungsdienst"
"Es gab eine Besprechung der wichtigsten Personen im Ort. Wir haben gesagt, wir geben dazu keine Stellungnahme mehr ab", heißt es vom katholischen Pfarrer knapp. Auskunftsfreudiger ist sein evangelischer Amtskollege Dankfried Kirsch. Er bezeichnet den Bericht als "übertrieben", zumindest was sein Haus betrifft. Beim "Türsteher" handle es sich um einen "Begrüßungsdienst", der Touristen während Messen und Konzerten abweise. "Wenn im Stephansdom eine Messe gefeiert wird, werden die Leute auch darauf hingewiesen, dass sie vorne nicht herumsteigen sollen", meint Kirsch.
Verstimmungen
Einen Nutzen, der dem gesamten Ort etwas bringt, sieht sie nicht. Kritik sei unerwünscht, die Stimmung in der Bevölkerung sei "ganz schlecht". "Wenn das dazu führt, dass Arbeitsplätze für unsere Jugend geschaffen werden, wäre das für mich okay." Das sei aber angesichts der wenigen Profiteure des Massen-Tagestourismus nicht der Fall, meint die Frau. "Das beste Geschäft in Hallstatt sind die öffentlichen Toiletten", sagt Höll.
Auch Raphael, der die HTL in Hallstatt besucht, findet kritische Worte. Er erzählt von Leuten, die selbst über Zäune in die Gärten der Bewohner klettern würden, um Fotos zu machen. "Die haben meiner Meinung nach keinen Respekt", sagt Raphael.