Haimbuchner: „Wir brauchen ein Konjunkturpaket“
Von Josef Ertl
Manfred Haimbuchner (41) ist Landeshauptmannstellvertreter, Landesparteiobmann und stellvertretender Bundesparteiobmann der FPÖ.
KURIER: Die regierende ÖVP-FPÖ-Koalition ist mit dem Narrativ angetreten, das Landesbudget zu sanieren. Nun hat die Corona-Krise alles über den Haufen geworfen. Welches Narrativ verkünden Sie nun?
Manfred Haimbuchner: Wir pflegen seit Jahren das Narrativ, unsere Heimat zu schützen. Dazu gehören unsere Wirtschaft und die Arbeitsplätze. Sie sind Teil der Sicherheit, die wir den Menschen geben müssen. Wir haben nie gespart um des Sparens Willen, sondern um den Haushalt in Ordnung zu bringen. Es war immer klar, dass bei Katastrophen die Schuldenbremse aufgehoben wird.
In Fachkreisen, zu denen ich mich nicht zähle, waren Viren wie MERS oder SARS schon lange ein Thema. Das ist vielfach ignoriert worden.
Die politischen Gewinner der Krise sind offensichtlich die regierenden Parteien. Auf Bundesebene steigt Türkis in den Umfragen auf 45 Prozent, einen ähnlichen Aufschwung erleben die CDU oder Markus Söder in Bayern. Die Opposition kommt unter die Räder. Wie können Sie da Ihre Botschaft noch unter die Leute bringen?
Eines stimmt mich sehr nachdenklich. ORF Bundesland heute hat im März nur zu sechs Prozent über
die FPÖ berichtet. Obwohl unsere Sacharbeit in
der Regierungsbeteiligung weitergegangen ist, und sogar noch intensiviert wurde. Hier sieht man schon, wie sich solche Krisen auswirken können. Der Unterschied zu den Printmedien ist eklatant.
Dazu kommt, dass aufgrund der fachlichen Zuständigkeit von Regierungsmitgliedern in Zeiten der Krise eine gewisse Schwerpunktberichterstattung erfolgt. Hier besteht die Gefahr, dass man unter die Räder kommt. Die Kontrolle und die fachliche Kritik werden in weiten Bereichen vollkommen negiert. Es ist für mich schockierend, wie hier auf Bundesebene Gesetze und Verordnungen durchgepeitscht werden, ohne dass sie einem fundierten demokratischen Standard standhalten können. Ausgangs- und Betretungsverbote sind schwerwiegende Eingriffe in das Privatleben. Osterbesuchsverbote werden unter der Devise hingenommen, sie dienen der Gesundheit. Das treibt teilweise bedenkliche Blüten.
Sie agieren gespalten. Sie sind als Koalitionspartner loyal zu den Entscheidungen der Landesregierung, auf Bundesebene üben Sie hingegen scharfe Kritik an der türkis-grünen Koalition.
Als Land Oberösterreich müssen wir vieles von dem ausbaden, was der Bund an mangelhaften Gesetzen und Verordnungen geschaffen hat. Das Land ist aufgrund der fehlenden Masken und Schutzbekleidung mit 80 Millionen Euro für den Bund in Vorlage getreten.
Seit dem 31. Dezember weiß man, dass diese Pandemie auf uns zukommt. Da hat China der Weltgesundheitsorganisation WHO die Vorgänge gemeldet. In Europa hat man geschlafen. Man hat es nicht so ernst genommen, wie man es hätte ernst nehmen müssen. Spätestens im Jänner hätte man für die Schutzausrüstung sorgen müssen. Zuerst hat man gesagt, die Maske bietet keinen Schutz, nun müssen alle Masken tragen. Man wollte das eigene politische Versagen zudecken. Das ist gut gelungen.
Die FPÖ hat doch ein Glaubwürdigkeitsproblem. Der ehemalige Innenminister Herbert Kickl hat die sofortige Schließung der Grenzen gefordert, Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat das mit dem Hinweis abgelehnt, das sei nicht notwendig. Kickl wurde nicht ernst genommen, weil er stets derartige Forderungen aufgestellt hat.
Kickl hatte absolut recht. Gerade die harten Maßnahmen, die von der FPÖ gefordert wurden, hätten unterschiedlichste Folgen unterschiedlicher Probleme vermieden. Wenn eine Forderung von der FPÖ kommt, wird sie zuerst niedergeknüppelt. Dann kommen die Moralisten, die Nächsten sind dann die Experten, die sagen, das macht alles keinen Sinn. Nach Wochen oder Monaten, wenn man die Dinge nüchterner
sieht, sagt man, wir hatten recht. Wir hatten auch in der Flüchtlingskrise 2015 recht.
In Österreich hat man in der Corona-Krise eine massive Kehrtwende vollzogen. Minister Nehammer hat gesagt, es wird keine Ausgangssperren geben, ein paar Tage später waren die Ausgangsbeschränkungen da. Es ist für mich eine Chuzpe, dass der ORF diese Aktionen der Regierung in der Berichterstattung völlig kritiklos übernimmt. Kritik findet nicht statt.
Wenn ich mir vorstelle, dass die FPÖ zu diesem Zeitpunkt in der Regierung gewesen wäre und die Frau Hartinger hätte einen Erlass wie die stupide Oster-Verordnung gemacht, dann hätte die FPÖ das nicht überlebt.
Das, was die FPÖ seit Jahren propagiert, nämlich einen starken Nationalstaat, ist jetzt Realität. Gleichzeitig liegt die FPÖ in den Umfragen so schlecht wie schon viele Jahre nicht mehr.
Wir befinden uns in einer epochalen Krise. Die gesamte Opposition ist abgemeldet und in Teilen der Medien wird die Gate-Keeper-Funktion genauso ausgeführt, wie man sich das in autoritären Staaten vorstellt. Das Objektivitätsgebot wird teilweise mit Füßen getreten. Wenn Botschaften in einer Demokratie nicht mehr transportiert werden, dann haben sie nicht stattgefunden. Manche fragen sich dann, gibt es die überhaupt noch?
Sie fordern Anreize zur Stärkung des Binnenkonsums. Welche Maßnahmen stellen Sie sich im Detail vor?
Die Wirtschaft muss so schnell wie möglich hochgefahren werden. Das ist nicht so einfach, weil wir ein Exportland und davon abhängig sind, wo wir hinliefern können. Gerade jetzt ist der Binnenkonsum extrem wichtig. Es ist falsch über neue Steuern zu diskutieren. Die Forderung des Vizekanzlers nach einer Erbschaftssteuer ist eine Diskussion aus der Mottenkiste. Wir müssen die Steuern senken und den Faktor Arbeit völlig entlasten. In dieser Situation geht es nicht mehr um die eine oder andere Milliarde. Wir werden das Loch, das durch die derzeitigen Maßnahmen entsteht, nur durch wirtschaftliche Stärke füllen können. Gerade jene, die weniger haben, sollen entlastet werden, denn sie werden das Geld in den Konsum stecken. Das ist auch eine soziale Verpflichtung.
Jetzt ist die Zeit, vernünftig zu investieren. Es muss die Nahverkehrsmilliarde auf jeden Fall kommen. Es muss in den öffentlichen Verkehr investiert werden, aber auch in den Straßenbau, und in den Wohnbau. Weiters in Forschung und Bildung, in alles, was den Standort in den kommenden zehn Jahren stark macht. Wir brauchen ein Konjunkturpaket. Haftungsübernahmen nützen nichts, wenn die Unternehmen kein Geschäft machen, damit sie Liquidität erlangen.