Chronik/Oberösterreich

Voller Druck aufs Gehör

Drei Stunden Zugfahrt und die Lieblingsmusik sorgt für Abwechslung. Beim Radfahren schnell das Telefonat mit der Oma führen, wobei: Schnell geht da gar nichts. Vor dem Einschlafen noch kurz in den neuesten Podcast reinhorchen. Das entspannt und tut der Seele gut.

Im Alltag sind sie mittlerweile für viele Menschen konstante Begleiter geworden. Die Rede ist von Earbuds oder In-Ear-Kopfhörern. Das sind jene kleinen Teile, die man direkt in den Gehörgang steckt. Vor allem beim Sport und im öffentlichen Raum greifen viele auf die handlichen, praktischen Stöpsel zurück.

Dauerhafter Schaden

Was diese Dauerbeschallung für unser Gehör bedeutet, erklärt ein Experte. Paul Martin Zwittag ist Primar am Kepler Uniklinikum in Linz, und leitet dort die HNO-Abteilung: „Bei dieser Art der Kopfhörer wirkt eine große Schalldruckenergie direkt auf das Trommelfell. Das ist bei den klassischen Out-Ear-Hörern nicht so stark. Wer über einen längeren Zeitraum täglich mehr als sechs Stunden mit 95 Dezibel beschallt, hat ein hohes Risiko, einen dauerhaften Innenohrschaden zu bekommen.“ Die Haarzellen im Innenohr, die Informationen an das Gehirn weiterleiten, sterben irreversibel ab. Konkret bedeutet das, dass es zu einem Tinnitus oder zur Verringerung des Hörvermögens kommen kann.

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In den letzten Jahren seien vermehrt Kinder und Jugendliche betroffen: Denn auch zum Computerspielen und zum Surfen auf Instagram, Snapchat und TikTok brauchen viele die Kopfhörer. „Es wird zum Problem, wenn zu vieles zu lange konsumiert wird, wenn also die Dosis nicht stimmt“, weiß Zwittag. Derzeit gibt es noch keine wissenschaftlichen Studien zum Thema, aber zahlreiche Erfahrungsberichte aus Expertenkreisen. Die Lärmüberforderung sei ein sehr aktuelles Phänomen, so der Experte.

Alles verstopft

Ein weiteres Problem, das bei In-Ear-Kopfhörern verstärkt auftreten kann, ist die Verpfropfung des Gehörgangs. Dieser Teil des Ohres ist rund 2,5 bis 3 cm lang. Werden nun die Kopfhörer bis zu einen Zentimeter tief in den Gehörgang gegeben, schieben sie automatisch das Ohrschmalz, das jeder Mensch besitzt, weiter in Richtung Trommelfell. Dort kann es dann vermehrt zu Entzündungen sowie zur Hörminderungen kommen. „Durch die Kopfhörer wird der Sicherheitsfilm im Ohr weggeschabt. Es ist somit wesentlich anfälliger für Keime und Bakterien“, sagt HNO-Primar Zwittag.

Auf maximal 80 Dezibel, das ist etwas lauter als die normale Sprachlautstärke, achten, immer wieder Lärmpausen und auch Zeiten der Stille einlegen – so wird das Gehör langfristig geschont und geschützt.