Gedenken an Reichspogromnacht
Vor den mit Efeuranken dicht bewachsenen Stadtmauern im Welser Pollheimerpark erinnert ein Mahnmal an die rund dreißig Welser, die im Zweiten Weltkrieg wegen ihrer jüdischen Abstammung verfolgt und ermordet wurden.
Es war die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, die als Auftakt des Holocaust unter dem Stichwort "Reichspogromnacht" in die Geschichte einging. Jedes Jahr erinnert die Antifa mit einer Kundgebung an diese Schreckensnacht.
Werteverfall
Als Gastredner konnte heuer der weltbekannte Dirigent Franz Welser-Möst gewonnen werden: "Wenn man als Künstler die Gelegenheit hat, den Mund aufzumachen, sollte man das tun." Beim Besuch in seiner Heimatstadt sprach er über Toleranz, Solidarität und Respekt. Werte, die in der heutigen Zeit verloren zu gehen drohen. "Man braucht bloß die Zeitung aufschlagen. Es geht derzeit nur noch um die Märkte, nicht um die Menschen. Was ich vermisse, ist eine Führerschaft der Visionen, die Europa groß gemacht hat", sagte Welser-Möst.
Einen Werteverfall befürchtet auch Bürgermeister Peter Koits und wollte mit der Gedenkkundgebung im Pollheimerpark ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen. "Gerade in einer Stadt wie Wels, in der rund 100 Nationalitäten leben, können solche Themen gar nicht genug gewürdigt werden." Jedes Jahr freut er sich über die rege Teilnahme von Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen: "Es ist immer sehr friedlich. Die Leute, die kommen, sind Multiplikatoren für unsere Stadt." Koits und Welser-Möst betonten, dass es wichtig sei, anderen Kulturen gegenüber in Zeiten der Globalisierung offen zu sein, statt sich "aus Angst in Nationalismen zu flüchten und dadurch dem Populismus Tür und Tor zu öffnen".
Soziales Engagement
Welser-Möst, der seine Heimatstadt in seinen Künstlernamen integriert hat, ist Chefdirigent des Cleveland Orchestras in den USA und seit 2007 Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper. Den Kontakt nach Oberösterreich hält der 51-Jährige durch sein intensives Engagement für das Institut Hartheim. "Die Qualität einer Gesellschaft definiert sich durch seinen Umgang mit Randgruppen", so seine Überzeugung. Lebensmittelpunkt des Weltreisenden sei aber nach wie vor das Familienanwesen am Attersee: "Wann immer ich Zeit habe, komme ich gerne hierher."