Ehepaar mit Eisenstange erstochen: Probleme bekannt
Beim zweiten Prozesstag gegen jenen 42-Jährigen, der im Februar in Leonding (Bezirk Linz-Land) ein Pensionistenpaar mit einer Eisenstange erstochen haben soll, drehte sich am Vormittag alles um das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Angeklagtem und Opfern. Anrainern waren Probleme bekannt, unter denen vor allem die Frau des mutmaßlichen Täters gelitten habe. Der Mann habe stets kalmiert.
Der Vater zweier Kinder, der am Dienstag Geburtstag hatte, ist wegen Doppelmordes angeklagt. Er hat am 13. Februar auf der Straße den 74-jährigen Nachbarn und dessen 72-jährige Gattin angegriffen und mit einer Eisenstange, die er von einer nahegelegenen Baustelle geholt hatte, erstochen. Er bekennt sich nur des Totschlags schuldig. Der Tat sollen jahrelange Nachbarschaftsstreitigkeiten vorangegangen sein.
„Kein gutes Einvernehmen“
Schon die Tochter der Opfer, die ebenfalls eine Nachbarin ist, hatte bei ihrer Aussage Montagabend erklärt, dass es kein gutes Einvernehmen mit dem Mann, der 1999 in die Siedlung zog, gegeben habe. Er hielt sich nicht an die Regeln des „normalen Zusammenlebens“, meinte die Juristin. Als Jahre später dessen Kinder auf die Welt kamen, sei es auch öfters laut im Garten gewesen.
Beschimpfungen der Kinder
Vor allem nach der Geburt der Tochter 2010 wirkte die junge Mutter „zusehends niedergeschlagen“, erklärte am Dienstag ein Zeuge. Die zunehmenden Beschimpfungen der Kinder wie „Missgeburt“ hätten sie enorm belastet. „Wann ertränken sie denn endlich ihre Gfraster im Pool?“, soll etwa die Pensionistin der Frau zugerufen haben. Das berichtete eine befreundete Nachbarin Richterin Petra Oberhuber.
Ein anderer Anrainer erzählte ausführlich von seinem angespannten Verhältnis zu den Opfern. So wurden auch seine Enkel immer wieder wüst beschimpft, wenn sie bei ihm im Garten spielten. „Geh eini, sonst wird's regnert“, habe er einmal der Stimme von der Straße gegenüber zurückgerufen.
„Unglaubliche Wut aufgebaut“
Wenige Tage vor dem 13. Februar wirkte auch der Angeklagte „sehr bedrückt und in sich gekehrt“, erinnerte sich ein Zeuge. Er hatte den Mann auf einem Faschingskehraus getroffen. Dass der als ruhig und hilfsbereit beschriebene Mensch wenig später zwei Leute tötete, konnte er nur damit erklären, dass sich „über all die Jahre eine unglaubliche Wut aufgebaut“ haben müsse.
Die Zeugenaussagen erhärteten die Annahme des Verteidigers Andreas Mauhart, dass sein Mandant aus einer allgemein begreiflichen Gemütslage heraus zur Tat geschritten war. Er plädiert auf Totschlag. Staatsanwalt Reinhard Steiner hingegen spricht von Mord.
Nach der Mittagspause war Dienstagnachmittag die psychiatrische Gutachterin Adelheid Kastner am Wort. Sie attestierte dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat die volle Zurechnungsfähigkeit und „keine hochgradige Gestörtheit“. Somit „wusste er, was er tat“, stellte sie fest.
„Aus dem Lot geraten“
Irgendetwas müsse aber „doch aus dem Lot geraten“ sein, wenn jemand zu derartigem fähig ist, gab Kastner zu Bedenken. Aus psychiatrischer Sicht verfüge der Angeklagte über eine „akzentuierte Persönlichkeit“. Die Gutachterin beschrieb den Mann als „extrem stur, der starr seine Ziele verfolgt, emotionale Belange ausklammert und rein logisch, faktisch und vernünftig handelt“.
Für ihn faktisch nicht nachvollziehbar, wollte sie mit den Kindern das gemeinsame Heim verlassen. Die Anspannung in dem Mann wuchs aufs Unermessliche. Die Wut auf die Verursacher der Situation, das Nachbarehepaar, versetzte ihn in einen „heftigen Affektzustand“. Wobei die Opfer nur die „mittelbaren Verursacher“ waren, führte die Gutachterin zum Schluss aus. Das eigentliche Problem sei eher das Verhältnis zu seiner Frau.