Chronik/Oberösterreich

"Dopingfreigabe produziert Zombies"

Die Schlussfrage des Moderators brachte die Diskussion auf den Punkt. Soll Doping im Sport freigegeben werden? Walter Mayer (59), der ehemalige Trainer der österreichischen Landläufer, erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen. "Im Hochleistungssport gibt es sowieso viele Tote. Er wird als etwas verkauft, was er überhaupt nicht ist. Er ist weder edel noch ein fairer Kampf noch völkerverbindend. Deshalb sollen die Hochleistungssportler selbst entscheiden, ob sie sich dopen oder nicht. Jeder soll für sich selbst verantwortlich sein. Es ist ein nicht lösbares Problem." Bei der Tour de France seien die ersten zehn alle schon einmal positiv getestet worden. Während Sport ein Kulturgut sei, sei der Leistungssport eine Ausschweifung.

Die Dopingfreigabe für den Breitensport lehnt Mayer hingegen ab. Es sollte dafür eine unabhängige internationale, von den Sportfunktionären unabhängige Behörde geschaffen und die Regeln deutlich vereinfacht werden. An den Sportfunktionären ließ Mayer kein gutes Haar. "Sie und die Sportpolitik sind die wirklich großen Betrüger."

Hunderte Besucher waren kürzlich in die Kongresshalle Schladming gekommen, um zum Thema Der schmutzige Sieg – Doping im Breitensport zu diskutieren. Gerhard Postl, Oberarzt in Graz und Mitglied der Dopingkontrollbehörde NADA, erläuterte die Hintergründe für das Doping von Hobbysportlern. "Das, was sie zur Einnahme von Doping antreibt, hängt mit dem Leistungsdenken in der Gesellschaft zusammen. Sie versuchen ihre persönlichen Leistungsgrenzen auszuloten." Er zitierte eine Untersuchung von Kay Brune vom Institut für Klinische Pharmakologie an der Universität Nürnberg an den 4000 Teilnehmern des Bonn-Marathons. 60 Prozent hätten indirekte Dopingmittel wie Schmerztabletten genommen.

Postl sprach sich dezitiert gegen jegliche Freigabe aus. "Wir vernichten dadurch unsere Jugend und unsere Ideale. Würde man die verschiedenen Arten wie das chemische oder das mechanische Doping freigeben, würden das bei künstlichen Schultergelenken enden, mit denen man den Speer 120, 130 Meter weit werfen kann. Wer kauft sich das, lassen sich das gesunde Leute einbauen? Ist es ethisch vertretbar, ein Schultergelenk auszubauen für ein mechanisches?"

Spaß nach 30 Stunden

Postl verwies auf den Extremsportler Klaus Gösweiner. Der Obersteirer hat die 230 km lange Strecker mit 20.000 Höhenmetern vom Grazer Uhrtum bis auf die Spitze des Dachsteins(Crossing Styria) in 35 Stunden laufend bewältigt. Postl: "Er hat uns gezeigt, dass man auch nach 30 Stunden noch Spaß am Sport haben kann. Es werden so viele Endorphine ausgeschüttet."

Der Extremsportler Gösweiner selbst lehnt jegliches Doping ab. "Die Leute, die sich dadurch umbringen, sind ein paar Deppen zu viel. Es dürfen keine Menschen sterben."

Johannes Dürr saß ebenfalls am Podium. Der ehemalige Skilangläufer war bei den Winterspielen in Sotschi positiv getestet worden, er wurde für zwei Jahre gesperrt. Der 29-Jährige bezeichnete sein Handeln als Fehler. In seiner Jugendzeit sei er an der Weltspitze mitgelaufen, doch dann sei er erkrankt und wollte mit Doping möglichst schnell an die Weltspitze zurück. Sein heutiges Bekenntnis: " Ich bin absolut gegen die Freigabe. Denn dann hätte man Zombies. Wer das meiste Geld hätte und wer am besten auf die Dopingmittel ansprechen würde, hätte Erfolg. Das kann nicht das Ziel sein. Der Sport ist ein großes Kulturgut der Menschen. Jeder Mensch trägt die Bewegung in sich."

Silke Kranz ist Sportmedizinerin und hat Gösweiner für seine 230-km-Tour vorbereitet und ihn begleitet. Sein Beispiel zeige, dass man auch mit erlaubten Methoden erfolgreich sein kann. "Doping ist weder gesund für den Sportler noch gut für den Sport. Es ist auch nicht gut für die Lebenseinstellung der Menschen. Denn es spielt hinein in die Familie und in den Beruf. Hier geht es um eine Lebensansicht."