Chronik/Oberösterreich

„Die Politik schlachtet ihr bestes Pferd im Stall“

Rudolf Mark (64) führt das gleichnamige Familienunternehmen in Spital am Pyhrn. 420 Mitarbeiter sind in Spital beschäftigt, rund 120 in Slowenien. Der Umsatz beträgt 75 Millionen Euro. Mark arbeitet heute zu 90 Prozent für die Automobilzulieferindustrie, das sind 2,5 Milliarden Tiefziehteile, die in die ganze Welt gehen. Im November nächsten Jahres wird das Unternehmen 100 Jahre alt.

99 Jahre alt

Die Firma wurde vom Großvater 1920 gegründet, der Schuhösen hergestellt hat. „Wir haben 1962 die Skischuhschnallen erfunden, mit denen 1964 sämtliche olympischen Medaillen gewonnen worden sind.“ Mark lieferte unter anderem der Skischuhfirma Dachstein in Molln zu. Als Rudolf Mark mit seinem Bruder 1977 den Betrieb übernahm, stellte er ihn komplett um, unter anderem auf die Automobilzulieferindustrie. Mark ist auch Sprecher der oberösterreichischen Automobilclusters. Ein Interview.

KURIER: Sie wollen zum 100-Jahr-Jubiläum im nächsten Jahr das 100-Millionen-Umsatzziel erreichen. Wie weit sind Sie?

Rudolf Mark: Bis vor vier Monaten hätte ich gesagt das schaffen wir. Mittlerweile ist die Automobilindustrie massiv beeinträchtigt worden. Einerseits durch die Schwindeleien und den Betrug bei der Abgasmessung, andererseits durch die Debatte um die Diesel-und die Elektroautos. Hier versagt die Politik völlig. Sie schlachtet ihr bestes Pferd im Stall. Die Autoindustrie ist in Europa die Leitindustrie schlechthin.

Wer ist mit Politik gemeint? Die Abgasverschärfungen haben die EU-Kommission und das Europaparlament beschlossen.

Ich meine die EU vorneweg, sie wird aber beschickt von den nationalen Regierungen. Diese geben auch vor, was dort Sache ist. Ich verstehe nicht, warum Angela Merkel ihre Industrie nicht schützt. US-Präsident Donald Trump, der absolut nicht mein Freund ist, würde so etwas nie machen. Die Debatte um die Senkung der -Grenzwerte ist unnötig und durch nichts gerechtfertigt. Der Anteil des Menschen und des Verkehrs ist im einstelligen Bereich. Wir belasten weder noch retten wir damit den Planeten. In Europa sind wir wieder päpstlicher als der Papst. Wir schreiben Grenzwerte vor, die nur mehr mit einem hohen Anteil an Elektromobilität möglich sind. Die USA und China machen das nicht.

Ist die Elektromobilität schon ausgereift?

Sie ist überhaupt nicht ausgereift. Es wird immer nur das Fahren betrachtet, aber nicht der Energieverbrauch, der zur Herstellung der Batterien notwendig ist. Man braucht für die Batterie in der Größenordnung eines Tesla 20 Tonnen . Selbst für einen Nissan Leaf benötigt man immer noch zehn Tonnen. Dann muss man zwischen sieben und elf Jahren fahren. Halten die Batterien wirklich so lange? Das ist eine Fehlentwicklung. Die Elektromobilität ist beim derzeitigen Stand der Technik nicht sauberer als ein neuer Diesel oder Benziner.

VW will das billigste Elektroauto um knapp 30.000 Euro anbieten, was relativ teuer ist.

VW hat den Beschluss gefasst, dass es mit Vollgas auf die Elektromobilität umsteigt. Das wird der Untergang von VW sein. Derzeit verträgt es so einen radikalen Schwenk nicht, weil sich die Menschen diese Autos nicht kaufen werden können. Die Batterie ist nicht nur vom Umweltaspekt problematisch, sondern auch teuer. In Summe macht ein Elektromotor immer einen Sinn, weil er einen sehr guten Wirkungsgrad hat, aber in der Gesamtlösung ist er ein Schmarrn.

Von der Politik hat niemand den Mumm den Menschen zu sagen, es passt, wir lassen das wachsen und sich entwickeln. Aber jetzt radikale Vorgaben zu machen, die lediglich zur Zerstörung einer Toptechnologie führen, das kann es nicht sein.

Die Chinesen lachen sich eins. Sie haben kein Öl und keine Verbrennungsmotoren. Mit den Elektro-Fahrzeugen, die sie New-Energy-Vehicles nennen, bringen sie damit ihre zwei Schwachpunkte weg und dominieren den Markt. Sie produzieren viel günstigere Autos, sie haben sich die Rohstoffe gesichert. Wir tauschen nun die Abhängigkeit vom Erdöl durch die Abhängigkeit von China. Ich weiß nicht, ob das sehr gescheit ist, da China nicht zu den demokratischen Ländern dieser Welt zählt.

Wie groß ist der Schaden durch die aktuellen Debatten für die oberösterreichische Automobilzulieferindustrie?

Sie erbringt eine Leistung von rund 25 Milliarden Euro pro Jahr. Mit diesen Entscheidungen werden nun diese Kerntechnologien abgewertet. Der Elektrohype wird so nicht umsetzbar sein und es wird damit kein Geld verdient.

Durch die Verunsicherung der Menschen verkauft die Automobilindustrie weniger Fahrzeuge. Die Menschen wissen nicht mehr, welchen Pkw sie sich kaufen sollen. Die Verkaufszahlen sind nicht so gut wie sie sein sollten.

Die Großen wie die Miba oder die voestalpine denken längst schon auch in Elektromobilität. Auch bei uns laufen schon die ersten Teile für die Elektromobilität vom Band. Aber das sind momentan homöopathische Mengen.

VW finanziert die Elektroautos mit dem Verkauf von Verbrennungsmotoren quer.

Darum wird das auch nicht funktionieren.

30 Prozent unseres Produktmixes ist am oder rund um den Verbrenner. Die nächsten zehn Jahre sind wir sicher. Wir müssen nun für die nächsten 15 Jahre planen.

Hybridautos sind ein Umweg. Man hat zwei Systeme im Fahrzeug, man fährt mit einer zusätzlichen 500 kg schweren Batterie durch die Gegend.

Hubert Aiwanger, der neue bayerische Wirtschaftsminister, hat kürzlich bei einer Diskussion in der Raiffeisenlandesbank in Linz der Automobilindustrie ein ähnlich schreckliches Ende prophezeit wie der Kohleindustrie: Von heute auf morgen wird es vorbei sein.

Es wird Veränderungen geben, aber die hat es immer gegeben. Davor braucht man sich nicht zu fürchten, sondern das sind zusätzliche Herausforderungen. Das Mobilitätsverhalten der Menschen wird sich stark verändern. Man wird das Auto mehr benutzen als besitzen. Das wird zu einer Reduktion der Stückzahlen führen, aber kurzfristig ist jede Veränderung, die von der Politik herbeigewunschen wird, ein Blödsinn. Das kann nicht funktionieren.

Klaus Fronius setzt auf das Wasserstoffauto.

Er ist ein Visionär. Die Politik hat begonnen, die Brennstoffzellenentwicklung zurückzufahren. Nur die Japaner und Südkoreaner investieren in diesem Bereich. Diese Technologie hätte das Zeug zu gewinnen. Es fehlen aber noch zehn Jahre an Entwicklung.

Ich glaube für die nächsten 10, 15 Jahre noch immer an den Verbrenner. Auch weil der Verbrauch und die Abgase weiter sinken werden.