„Der Eindruck ist verheerend“
Von Josef Ertl
Michael Strugl (49) ist Landtagsabgeordneter und Landesparteisekretär. Er gilt als der Stratege der ÖVP Oberösterreich.
KURIER: Sind Politiker tatsächlich verstärkt Burn-out-gefährdet?
Michael Strugl: Es gibt im Politikerberuf sicherlich Faktoren, die das Risiko massiv erhöhen. Aber das gibt es auch in anderen Berufen. Der Druck wächst in fast allen Bereichen.
Um welche spezielle Belastung geht es? Um den umfassenden zeitlichen Einsatz?
Es ist der mentale Druck. Im Prinzip ist der Politiker ständig gefordert Höchstleistungen zu erbringen. Er muss jede Situation gut bestehen. Das sind Stressfaktoren. Es ist aber auch eine körperliche Belastung. Man legt weite Strecken zurück. Man sitzt viel. Zusammen mit einem chronischen Schlafdefizit kann sich das negativ auswirken.
Der Parlamentsbeschluss, den Untersuchungsausschuss nur noch acht Tage durchzuführen und Bundeskanzler Werner Faymann nicht zu befragen, stößt in der Öffentlichkeit auf heftige Kritik. Warum stimmt dem die ÖVP zu?
Es geht um Werner Faymann und die SPÖ tut alles, um ihn zu schützen. Die ÖVP ist in einer Koalition mit der SPÖ und deswegen sind ihr die Hände gebunden – nach dem Motto mitgefangen, mitgehangen. Der Eindruck ist verheerend. Es wird die Partei beschädigt.
Gott sei Dank gibt es seit mehreren Jahren eine immer größer werdende Differenzierung zwischen der Landes- und Bundesebene. Wir sehen das nicht nur in den demoskopischen Erhebungen, wir merken das auch in den täglichen Begegnungen mit den Menschen. Sie sagen, Oberösterreich ist anders. Das hat uns in den vergangenen Jahren sehr geholfen. Wir verstehen uns stark als Regionalpartei.
Die Bundespartei liegt zwischen 20 und 30 Prozent, die Landespartei immerhin zwischen 40 und 50 Prozent. Der Faktor ist inzwischen zwei zu eins.
Die Landes-ÖVP ist auf Bundesebene sehr gut vertreten. Christoph Leitl ist Obmann der Wirtschaftskammer und des Wirtschaftsbundes. Jakob Auer ist Obmann des Bauernbundes, August Wöginger Generalsekretär des ÖAAB, Maria Fekter Finanzministerin, Reinhold Mitterlehner Wirtschaftsminister. Sie können offensichtlich die Performance des Landes nicht auf Bundesebene umsetzen.
Sie machen in ihren Bereichen einen guten Job. Die Positionierung und das Erscheinungsbild einer Partei hängt von vielen Faktoren ab. Wir in Oberösterreich haben gezielt in ein eigenständiges Profil investiert. Diese Trennschärfe, die von Natur aus bei den Menschen nicht gegeben ist – für viele ist ÖVP ÖVP – muss man sich erarbeiten.
Im Land ist das gelungen. Im Bund haben wir eine vollkommen andere Wettbewerbsituation, wir haben eine andere Rolle. Im Bund sind die Voraussetzungen viel schwieriger.
Oberösterreich ist bei Bildung und Forschung eklatant benachteiligt. So erhält die Kepler-Universität nur rund vier Prozent des gesamtösterreichischen Hochschul-Budgets. Die geforderte Medizin-Fakultät wird auf die lange Bank geschoben. Warum setzen sich hier die Oberösterreicher in Wien nicht durch?
Wir haben Fortschritte gemacht. Wissenschaftsminister Töchterle hat gesagt,er ist bereit über so einen Schritt zu reden. Bisher hat es kategorisch geheißen, das kommt nicht infrage. Zudem leben wir in Zeiten angespannter Haushalte. Natürlich sind wir zum Beispiel nicht zufrieden mit der Zuteilung für die Kepler-Uni. Auch wenn sie sukzessive verbessert wurde, sind wir lange noch nicht dort, wo wir hingehören. Es ist ein ständiger Kampf und Wettbewerb, dass wir uns das holen, was uns zusteht.
Soll Josef Pühringer bei der Wahl 2015 wieder als Spitzenkandidat antreten?
Viele in der Partei wünschen sich das. Pühringer ist der populärste Politiker in Oberösterreich. Er ist auch in allen Umfragen ganz vorne. Das ist ein Wettbewerbsvorteil. Die Stärke der ÖVP Oberösterreich ist zu einem guten Teil aufgebaut auf der Popularität des Josef Pühringer. Daher ist es logisch, zu sagen, wenn wir uns es wünschen können, hätten wir gerne, dass er wieder antritt. Man darf aber die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Entscheiden wird es er selbst. Das hat er bis jetzt nicht getan. Pühringer wird sich die Stimmung und die Entwicklung genau anschauen, auch das, was auf Bundesebene los ist. Er schaut nicht nur auf die eigene Situation, sondern denkt dabei auch an das Land und an die ÖVP. Das zeichnet ihn ebenfalls aus.
Die landespolitischen Beobachter rechnen mit Ihrem Eintritt in die Landesregierung. Der Wirtschaftsbund lehnt aber einen Wechsel von Landesrat Viktor Sigl auf die Position des Landtagspräsidenten ab.
Diese Diskussion ist mir sehr unangenehm. Ich bin nicht gefragt worden, daher beschäftige ich mich damit nicht.
Sie gehen aber doch von einem Wechsel aus?
Ich lasse das auf mich zukommen. Man hat nicht mit mir geredet. So lange ich nicht gefragt werde, brauche ich mich damit nicht befassen.