Chronik/Oberösterreich

„Den Superstar gibt es nicht“

Josef Ackerl (66) ist Landesparteivorsitzender der SPÖ und Landeshauptmannstellvertreter. Er ist auch für die Unterbringung von  Asylanten verantwortlich.

KURIER: Kann man nach den Widerständen in Altmünster und Bad Leonfelden überhaupt noch Asylwerber unterbringen?
Josef Ackerl:  Wir haben viele Gemeinden, in denen wir unkompliziert Asylwerber unterbringen können. Das eine oder andere Mal gibt es einen stärkeren Diskussionsbedarf, den man erfüllen kann. Die Äußerungen in Bad Leonfelden waren teilweise schon pogromstimmungsartig.   So etwas habe ich noch nie erlebt.  Mit dem Eintritt Jörg Haiders in die Politik sind viele Tabus gebrochen worden. Heute kann man die größten Beleidigungen gegenüber  Menschengruppen aussprechen, ohne dass es Sanktionen gibt. Es hat sich in der Gesellschaft ein Potenzial entwickelt, der die Empathiefähigkeit  (Mitgefühl, Anm.d. Red.) fehlt. Ich bin darüber entsetzt. Für mich sind die Äußerungen von Bürgermeister Alfred Hartl eine furchtbare Sache.

Die Kritik des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll an Ihnen ordnen Sie in die Kategorie Vorwahlkampf ein?
Ich nehme den Landeshauptmann schon längere Zeit nicht mehr ganz ernst. Er hat einen Beitrag zur Verschlechterung der Diskussion geleistet. Was Pröll sagt, ist für mich unwichtig. Wichtig ist, was Landeshauptmann Pühringer sagt. Er ist immer zu dem gestanden, was ich mit ihm besprochen habe. Aber Probleme haben meist seine schwarzen Bürgermeister gemacht. Es ist nicht immer ganz fair vorgegangen worden.

Im November 2013 soll Ihr Nachfolger gewählt werden. Wie bereiten Sie die Übergabe vor?
Das ist noch viel zu bald. Es gibt hier keine Planung. Wir warten den Ausgang der Nationalratswahl ab, damit wir wissen, wie wir aufgestellt sind. Eine Partei, die in der Regierung ist, ist  in einer anderen Situation als eine in der Opposition. Die Niederlage  2009 bei der Landtagswahl war ein derart substanzieller Einbruch, der bis heute nicht aufgeholt werden konnte.

Die Partei macht aber einen konsolidierten Eindruck.
Es wird auf allen Ebenen sehr fleißig und sehr viel gearbeitet. Was wir aber kaum ändern können, ist die allgemeine Stimmung gegenüber den Bundesparteien.
 Ich will den Weg der Erneuerung fortsetzen. Wir wollen bei der Kandidatenaufstellung für den Nationalrat unsere selbstgesteckte Quote erreichen. Frauen sollen mindestens 40 Prozent stellen.

Warum nicht 50 Prozent?
Ich lege keine Latte, wenn ich weiß, ich komme nicht drüber. Ich habe immerhin erreicht, dass Marianne Gusenbauer, die Bürgermeisterin von Schwertberg, in den Nationalrat kommt. Wenn wir von zehn Kandidaten ausgehen, erfüllen wir die Quote. Derzeit haben wir neun Abgeordnete.
Die Frage ist, ob wir einen Kandidaten aufstellen, der nur eine Landtagswahl   schlägt oder der bei zwei Wahlen  antritt.

Als Kandidaten werden immer wieder Reinhold Entholzer und Gerti Jahn genannt. Nun hat auch Gesundheitsminister Alois Stöger sein Interesse am Parteivorsitz bekundet.
Das sind alles Kandidaten. Es gibt aber auch noch Junge, die zwischen 30 und 40 sind.

Zum Beispiel?
 Christian Forsterleitner. Er  macht seine Arbeit als BSA-Vorsitzender ausgezeichnet. Er kann seine Gedanken nicht nur zu Papier bringen, sondern auch umsetzen. Ein anderes Beispiel ist Barbara Kapeller. Entholzer und Jahn qualifizieren sich in der Landespolitik. Entholzer verfestigt sich immer besser. Die Superstars in der Politik stürzen  genau so schnell wieder ab, wie sie kommen. Ich halte den langsamen Aufstieg für g’scheit. Ich selbst habe als Landesrat immer gut arbeiten können, weil ich viel Zeit gehabt habe.

Welche Rolle spielt Stöger?
  Er ist als Minister eine sehr positive Erscheinung. Ich will ihn jetzt deshalb nicht ins Spiel bringen, weil ich daran interessiert bin, dass er Gesundheitsminister bleibt. Das ist der ideale Job für ihn.

Gerüchteweise heißt es, dass  Kanzler Werner Faymann eine Frau auf diesen Posten hieven möchte.
Die Wiener Gesundheitslandesrätin Sonja Wehsely ist im Gespräch. Man wird doch nicht einen Minister, der gute Ergebnisse zustande bringt, zur Debatte stellen. Ich habe es dem Bundeskanzler gesagt, dass ich es für wichtig halte, dass Stöger diese Funktion wahrnehmen kann. Stöger hat es schwerer als andere, weil er nicht aus einer Spitzenfunktion der Partei kommt.
Die SPÖ befindet sich in keinen Personalnöten, aber den Superstar gibt es nicht.  Auch Josef Pühringer war kein Superstar.  Wenn ich mich daran erinnere, wie er von den Oberösterreichischen Nachrichten im ersten Jahr sekkiert worden ist, weil sie lieber den Christoph Leitl gehabt hätten, dann weiß man auch, in welchem Biotop man sich bewegt. Die SPÖ wird nicht an einem Superstar genesen, sondern an einer guten Teamarbeit.

Die Rede ist stets von einer Teamlösung.
Es wird  eine Teamlösung geben müssen. Aufgrund der  schlechten Erfahrungen der vorhergehenden Jahre. Einer vorne  allein ist schlecht. Einer ist der Primus inter Pares (der Erste unter Gleichen, Anm. d. Red.),  er steht aber  nicht kritikfrei über allen anderen. Es muss eine kollegiale Arbeit geben.  Ich pflege sie die ganze Zeit und ich hoffe, die Leute merken es, dass das gut für die Partei ist.   

Team heißt Entholzer, Jahn, Weichsler-Hauer und Sie.
Das Vierer-Team wird es jedenfalls bis zu meinem Abgang geben. Es wird ergänzt  um ein paar andere Leute. Derzeit  um die Gewerkschafter Johann Kalliauer, um Andi Stangl und um Sonja Ablinger.  

Das Sozialbudget wächst 2013 zwar um drei Prozent, aber ich bräuchte auf längere Sicht gesehen für Menschen mit Beeinträchtigungen um 200 Millionen Euro mehr.“ Der für das Sozialressort zuständige Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl betont, man brauche zum Beispiel  zusätzliche 3300 Wohnplätze und 1000 Arbeitsplätze. „Man wird hier eine Bundeslösung finden müssen“, sagt er im Interview mit dem KURIER. Denn die anderen Bundesländer hätten dasselbe Problem.
 „Wir müssen immer noch aufstocken, damit wir die rund 12.000 Menschen betreuen können. Wir benötigen hier viel mehr Geld“, aber in der derzeitigen Finanzverfassung gehe das nicht. Wie in den anderen Ressorts müsse auch er  rigoros sparen.  „Aber auch diesen Menschen steht eine bestimmte Qualität zu. „Darüber lasse ich nicht mit mir reden.“
„Wenn ich die nächsten fünf, sechs Jahre jährlich 30 Millionen dazubekäme, dann wäre das schon etwas, aber am Ende stehen 200 Millionen.“ Das gebe  aber das Budget nicht her.