Chronik/Oberösterreich

Vom Charisma der Unaufgeregtheit

Bischof Manfred Scheuer ist kein Schönredner, auch nicht beim Medienempfang. „Die katholische Kirche erlebt eine beispiellose Vertrauenskrise, befeuert durch zu Tage getretene Missstände, durch die Missbrauchsfälle, durch Strukturen von Macht und Gewalt in kirchlichen Einrichtungen“, sagte er Mittwochabend im Garten des Bischofshofes vor den rund 70 Gästen.

Kirche verliert Einfluss

Doch je mehr Kirche an Zuspruch verliere, desto mehr verliere sie auch an Möglichkeiten zur positiven gesellschaftlichen Einflussnahme. Würden ChristInnen für entgrenzte Solidarität eintreten, so müssten auch ihre eigenen kirchlichen Institutionen und christlichen Lebensformen für diese Weite und Offenheit stehen, denn „Selbstbezüglichkeit, Kleinlichkeit und Autoritätsfixierung wirken kontraproduktiv“ .

Die drei Regeln von Schumann

Scheuer zitierte zum Abschluss seiner Rede drei Regeln von Robert Schumann (1886-1963), einem der Gründerväter der Europäischen Union. Schumann wollte anhand dieser Regeln zeigen, wie als Politiker Christ sein könne. 1. Entdramatisieren. 2. Den Humor bewahren. 3. Die Prügel, die man bekommt, nicht zurückgeben. Scheuer: „Das sind Regeln, die auch für Medien und Kirche hilfreich sein könnten. Das Charisma der Unaufgeregtheit ist heute mehr denn je gefragt.“

Obdachlosen-Empfang

Bereits am Dienstagabend hatte Scheuer die Obdachlosen in den Bischofsgarten geladen. 45 wohnungslose Menschen waren gekommen. Auch Tränen gab es an diesem ansonsten heiteren und gemütlichen Abend: Schwester Tarcisia Valtingoier, langjährige Mitarbeiterin und Leiterin im Vinzenz-Stüberl der Barmherzigen Schwestern in Linz, teilte mit, dass sie im Herbst nach Wien übersiedeln wird. Die Leitung des Vinzenz-Stüberls hat sie bereits vor einiger Zeit in die Hände von Silvia Feher gelegt. Etliche ihrer Schützlinge weinten, als sie vom Weggang der beliebten Ordensschwester erfuhren. Sie wird ihre Arbeit mit Obdachlosen in Wien fortsetzen.