Chronik/Oberösterreich

"Weinende Kinder" in Linz wegen Corona-Demo

„Kinder werden instrumentalisiert und verstört“, „Sie haben erneut eine Grenze überschritten“ und „Lasst unsere Kinder in Ruhe“ – anlässlich einer Kundgebung von Corona-Maßnahmengegnern vor einem Hort in Linz reißt nun in Oberösterreich vielen Politikern, Kindereinrichtungen und Eltern der Geduldsfaden mit den tagtäglichen Protestaktionen. Der Polizei sind jedoch die Hände gebunden.

Geschätzte 1.400 Menschen versammelten sich laut Landespolizeidirektion OÖ am Mittwoch in Linz, um gegen die Masken- und Impfpflicht zu demonstrieren. Ihr Weg führte vorbei am Hort der Brucknerschule in der Wiener Straße.

"Vorhänge auf"

„In der Zeit von 15.25 Uhr bis 16 Uhr wurden die Kinder und Pädagoginnen terrorisiert“, zitieren die OÖ Nachrichten aus einer Mitteilung des Horts an die Erziehungsberechtigten. Die Pädagoginnen hätten sich deshalb um weinende Kinder kümmern müssen. Laut ORF-Radio OÖ hätten Demo-Teilnehmer „Eure Eltern töten euch mit der Impfung“ gerufen. 

„Die sechs- bis zehnjährigen Kinder sind auf die Demonstration aufmerksam geworden und zu den Fenstern gelaufen. Daraufhin wurden sie von den Demonstranten angesprochen“, heißt es von Elisabeth Binder, Geschäftsführerin des Vereins für Franziskanische Bildung, dem der Hort angehört.

Nachdem die Hort-Leiterin bemerkte, dass die Kinder auch gefilmt werden, hätte sie die Vorhänge zugezogen. Das dürfte den Demonstranten nicht gepasst haben. „Sie haben gefordert, die Vorhänge aufzuziehen.“

Nicht verboten

Die Polizei bestätigte die Angaben teilweise. Der Zug habe vor der dem Hort halt gemacht. Dort sei unter anderem skandiert worden, dass Kinder in die Impfung gedrängt werden würden. 

„Belagert, wie es in einigen Medienberichten heißt, wurde der Hort aber nicht. Das hat nur zwei Minuten gedauert“, erklärt ein Polizeisprecher. Tun hätte man dagegen ohnehin nichts können: „Als Polizei muss man danach gehen, was rechtlich erlaubt ist und was nicht. Eine Kundgebung vor einem Hort ist nicht verboten.“ Bei der Versammlung sei es zu 28 Anzeigen und keinen Festnahmen gekommen.

"Grenze überschritten"

Binder forderte die Veranstalter auf, künftig Stopps vor Kinderbetreuungseinrichtungen zu unterlassen: „Pandemiebedingt sind die Kinder eh schon sehr betroffen. Da wär es gut,  ihnen nicht noch zusätzlich Schreckensmomente aufzubürden.“

Aufgrund des Vorfalls forderten am Donnerstag schließlich oberösterreichische Politiker die Schutzzonen auszuweiten. „Die Versammlungs- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Doch es gibt kein Recht darauf, Kinder zu verängstigen und zu verstören, sodass sie schockiert und weinend in ihren Klassenzimmern sitzen“, sagte etwa der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ).

Dem schloss sich Bildungslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP) an: „Die Demonstration ist auf das Schärfste zu verurteilen und es bedarf klarer Worte und  Taten. Daher habe ich umgehend ein Gespräch mit dem Landespolizeidirektor geführt, um besondere Sensibilität für Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen sowie Schulen an den Tag zu legen.“ Sie appelliert an den Bund, Schutzzonen auch für diese Bereiche einzurichten.

Wegweisungen

Erst am Mittwoch standen solche Zonen für Gesundheitseinrichtungen – um das dortige Personal etwa vor Übergriffen durch Corona-Maßnahmengegner und anderen Behinderungen zu schützen – auf der Tagesordnung des Ministerrats. Diese sollen auch für Impf- und Teststationen gelten. Künftig soll es damit möglich sein, Personen im Umkreis der Einrichtungen wegzuweisen.

Aktuell gibt es im Versammlungsgesetz nur die „Bannmeile“ die besagt, dass während der Zusammenkunft des Nationalrates, des Bundesrates, der Bundesversammlung oder eines Landtages im Umkreis von 300 Metern um deren Sitz keine Versammlung unter freien Himmel stattfinden darf.