Antifa-Sprecher kritisiert SPÖ-Linz: "Wer sich zu den Wölfen legt, steht mit Flöhen auf"
Von Jürgen Pachner
KURIER: Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger behauptet, der Migrantenverein "Avrasya" sei keine Organisation der rechtsextremen türkischen "Grauen Wölfe"?
Robert Eiter: Da liegt er leider falsch. Avrasya gehört zum Graue Wölfe-Dachverband ATF. Vereinsobmann Davut Güvenc hat auf Facebook selbst angegeben, bei der Graue Wölfe-Partei "MHP" ("Milliyetçi Hareket Partisi", Anm.) angestellt zu sein. 2012 wurde MHP-Führer Devlet Bahceli von Avrasya in Linz ehrerbietig empfangen. Der Verein verwendet auch die einschlägigen Symbole wie den faschistischen Wolfsgruß und die drei Halbmonde.
Sollten demokratische Politiker nicht versuchen, bedenkliche Vereine auf dem Weg des kritischen Dialogs zu überzeugen, ihre Ansichten zu ändern?
Wer meint, eine gefestigte rechtsextreme Organisation durch Gespräche umdrehen zu können, wird scheitern. Dass die Linzer SPÖ-Spitze "Avrasya" fördert und sogar am Maiaufmarsch teilnehmen lässt, hat mit einem kritischen Dialog aber ohnehin nichts zu tun.
Bürgermeister Luger erwähnt "persönliche Querelen" – offenbar zwischen Ihnen und ihm. Was sagen Sie dazu?
Zwischen uns hat es nie einen persönlichen Konflikt gegeben. Sehr wohl gibt es aber inhaltliche Differenzen: Das Packeln mit Rechtsaußen – ob nun mit den Grauen Wölfen oder mit der FPÖ – führt von einem sozialdemokratischen Kurs weit weg. Das zeigt etwa die Verschärfung des Bettelverbots, zu dem Luger die Landes-SPÖ gedrängt hat.
Luger wirft Ihnen auch vor, Sie hätten die 70 Mitunterzeichner des Protestbriefes an ihn nur unzureichend informiert?
Die im Brief dargestellten Fakten sind belegt und nachprüfbar. Außerdem haben Politikwissenschaftler wie Anton Pelinka und Historiker wie Wolfgang Neugebauer unterzeichnet. Letzterer war jahrzehntelang Leiter des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Solche Experten brauchen in Sachen Rechtsextremismus weder von mir noch von Bürgermeister Luger Belehrungen.
Stellt Ihr Netzwerk Bürgermeister Luger und andere Linzer SPÖ-Politiker ins rechte Eck?
Nein. Die Linzer SPÖ-Spitze hat natürlich keine rechtsextremen Sympathien. Aber sie pflegt einen Opportunismus der Macht: Für kurzfristige Vorteile – etwa ein paar hundert Stimmen bei der Gemeinderatswahl – arbeitet sie mit ultranationalistischen Kräften zusammen, die gegen andere Bevölkerungsgruppen hetzen.
SPÖ-Gemeinderat Leidenmühler ist empört, weil berichtet wurde, dass er zum Wolfsgruß eines "Avrasya"-Funktionärs applaudiert habe. Er behauptet, den faschistischen Gruß nicht bemerkt zu haben.
Marko Feingold (101) und Rudi Gelbard (85) haben die Konzentrationslager der Nazis überlebt. Seit ihrer Befreiung treten sie gegen Rechtsextremismus auf. Auch das antifaschistische Engagement der ehemaligen ÖGB-Vizepräsidenten Irmgard Schmidleithner und des Historikers Wolfgang Neugebauer reicht schon Jahrzehnte zurück: Schmidleithner war Vorsitzende des Mauthausen-Komitees Österreich, Neugebauer war Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands.
Mit anderen bekannten Sozialdemokraten – unter ihnen Schauspieler Harald Krassnitzer, Bundes-Behindertenanwalt Erwin Buchinger, Zukunftsfonds-Vorsitzender Kurt Scholz und der frühere EU-Abgeordnete Albrecht Konecny – wandten sie sich in einem Brief nun an SPÖ-Chef Werner Faymann und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos.
Die Unterzeichner appellierten, bei der kommenden Sitzung des Bundesparteivorstands das Verhältnis der SPÖ Linz zum Verein „Avrasya“ zu klären. Sie weisen darauf hin, dass es seit November 2014 einen bindenden Beschluss gibt. Damals wurde mit großer Mehrheit festgestellt, dass die SPÖ jede Zusammenarbeit mit den Grauen Wölfen und ihren Vorfeldorganisationen ablehnt.
Faymann und Darabos werden ersucht, den Beschluss noch vor dem 1. Mai durchzusetzen. Begründung: Beim Maiaufmarsch der SPÖ Linz sei wieder eine Teilnahme von Avraysia geplant.