Chronik/Oberösterreich

"Erwarte deutlich mehr als 50 Prozent"

Peter Niedermoser ist Präsident der Ärztekammer Oberösterreich. Der 54-Jährige ist Facharzt für Pathologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz. Der Gehaltsabschluss der Ärztekammer mit dem Land sorgt für viel Diskussion unter den 3200 Spitalsärzten des Landes.

KURIER: Die Primare von Steyr lehnen das Verhandlungsergebnis ab und sprechen dem Verhandlungsteam ihr Misstrauen aus. Ist das nicht enttäuschend für Sie?Peter Niedermoser: Nein, die Reaktionen sind, wie sie sind. Damit muss man umgehen. Ich werde mit ihnen in Kontakt treten. Wir sind bei unserer Informationstour auch in Steyr, wir werden uns dort der Kritik stellen und darauf antworten.

Die Kritik der Primare ist teilweise verständlich, denn sie bekommen nicht mehr Geld.

Es gibt bei dieser Gehaltsreform welche, die profitieren und einige, die davon nicht so profitieren.

Das sind die Primare.

Hier gibt es auch Unterschiede. Wir haben bei unseren Berechnungen gesehen, dass welche profitieren.

Trotz der Kritik sind Sie mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden?

Wir waren ein Verhandlungsteam. Aus jeder Fraktion waren die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten mit dabei. Wir sind zum Schluss gemeinsam aufgestanden und haben gesagt, das Ergebnis passt für uns. Wenn es für die große Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte nicht gepasst hätte, hätten wir nicht zugestimmt.

Es hat Mitglieder des Verhandlungsteams gegeben, die nach dem Abschluss eine Urabstimmung verlangt haben. Man sollte meinen, dass sie die Ergebnis nach außen offensiv vertreten.

Eine Urabstimmung spricht nicht dagegen, dass man für das Ergebnis steht. Salzburg und Wien haben auch Gehaltsreformen hinter sich gebracht. Auch diese beiden Länder machen eine Urabstimmung. Das ist ein ganz normaler, demokratischer Vorgang.

Sie sind jetzt unterwegs in den Spitälern, um die Ärzte zu informieren.

Wir haben in Bad Ischl bereits die erste Informationsveranstaltung gehabt. Sie hat einen sehr positiven Widerhall gefunden. Es hat eine offene Diskussion gegeben und die Kolleginnen und Kollegen waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Auf welchen Prozentsatz schätzen Sie den Zustimmungsgrad?

Das ist zu früh. Es geht jetzt einmal um die Information. Sie ist uns nach dem Abschluss nicht gelungen. Da müssen wir uns an der eigenen Nase nehmen. Das hat auch damit zu tun, dass man bei der Pressekonferenz mit einem Paket an die Öffentlichkeit gegangen ist, das in den Details noch nicht festgestanden ist. Hier sind Unsicherheiten ausgelöst worden.

Wird vor der Abstimmung jeder Arzt genau wissen, was er verdienen wird?

Wir haben mit der landeseigenen Spitalsholding gespag einen Gehaltsrechner konzipiert. Wir haben uns mit den Ordensspitälern besprochen, wo es kleine Unterschiede gibt. Ähnliches passiert mit dem AKH. Der Rechner wird ins Intranet der einzelnen Häuser gestellt, jeder Arzt hat Zugriff.

Welche Zustimmung erwarten Sie bei der Abstimmung?

Deutlich über 50 Prozent.

Gibt es für Sie persönlich eine Schmerzgrenze?

Wenn das Paket positiv beurteilt wird, sehe ich kein Problem. Auch für mich nicht. Wir haben unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein sehr gutes Ergebnis erzielt, von dem viele Kolleginnen und Kollegen profitieren werden. Aber es ist so, dass jedes Ergebnis ein Kompromiss ist. Aber dieser Kompromiss ist herzeigbar.

Was wäre, wenn das Abstimmungsergebnis negativ ausginge?

Ich überlege mir die Dinge schrittweise. Ich versuche mit aller Kraft und Energie, die entstandenen Ängste und Unsicherheiten zu nehmen. Es gilt, sie mit allem Engagement auszuräumen und dann zuschauen, wo es noch Probleme gibt. Wir haben ja in einem Solidaritätspool die Gelder aus dem Hausrücklass.

Er ist von 25 Prozent um sechs Prozent auf 31 erhöht worden. Dieses Geld kommt von den Gebühren von Sonderklassepatienten. Die sechs Prozent gehen aber nicht ans Krankenhaus, sondern in den Solidaritätspool der Ärztekammer.

Wir haben diesen Ausgleichspool, mit dem wir gewisse Unterschiede, die es zwischen den einzelnen Fächern gibt, austarieren können. Dieses Geld dient dazu, Ungerechtigkeiten auszugleichen. Ich persönlich werde zum Beispiel weniger Sonderhonorar erhalten.

Welche Fächer werden profitieren?

Die Anästhesie, die Kinderheilkunde, die Psychiatrie etc. haben bisher profitiert. Sie haben weniger sonderversicherte Patienten.

Es gibt eine große Gehaltsdifferenz zwischen den Turnusärzten und den Primaren, nun kommt der erhöhte Hausrücklass. Gibt es genügend Solidarität in der Ärzteschaft?

Ich glaube, dass es diese Solidarität gibt. Die jetzige Aufregung verstehe ich. Jeder, der Geld verliert, ist aufgeregt. Das ist so. Wenn man sich das aber langfristig anschaut, wird Solidarität als positiver Wert gesehen. Wir Ärzte arbeiten auf allen Ebenen sehr fleißig, der Radiologe genauso wie der Kinderarzt. Mit gleichem Engagement und rund um die Uhr. Gewisse Bereiche haben Vorteile. Das ist kein oberösterreichisches Phänomen, sondern ein internationales. Wir werden es mit dem Solidaritätspool ausgleichen.

Die Verhandlungen mit dem Landeshauptmann waren hart. Nun gab es eine Welle der Kritik am Ergebnis. Wie geht es Ihnen dabei?War das die härteste Situation in Ihrer Laufbahn?

Natürlich geht es einem nicht gut. Es trifft einen persönlich. Ich stehe mit ganzem Engagement dahinter. Aber es geht jedem nicht gut, wenn er für das kritisiert wird, von dem er überzeugt ist. Manchmal bekommt man Mails, die einen betroffen machen. Es geht aber nicht um meine Person. Ich verstehe, dass man es auch anders sehen kann. Ich stelle mich persönlich der Kritik, indem ich mit den Leuten telefoniere oder über Facebook kommuniziere, um das auszureden. Ich versuche, sehr offen zu sein. Manches, was von außen sehr locker ausschaut, ist oft nicht so leicht umzusetzen. Aber so ist das Geschäft. Damit muss man genauso fertig werden wie mit Lob.

Wann wird die Abstimmung stattfinden?

Salzburg hatte das Verhandlungsergebnis Mitte Dezember und erst jetzt die Urabstimmung. Das braucht seine Zeit. Eile ist nicht geboten. Jeder muss seine Zahlen am Tisch haben, damit er sich entscheiden kann. Nicht nur für die nächste Zeit, sondern über die ganze Lebenszeit.

Die Salzburger Ärzte haben mit 84 Prozent dafür gestimmt.

Wir sind in den Grundeinstiegsgehältern besser aufgestellt. Vor allem bei den Mittelbauärzten. Ich bin sehr, sehr optimistisch.

Der Gehaltsabschluss ging nach den harten verbalen Attacken doch relativ schnell über die Bühne.

Das schien für manche doch etwas schnell zu sein, aber es sind sich Leute gegenüber gesessen, die über die Abläufe und Zahlen im Gesundheitssystem genau Bescheid wissen. Die Vorschläge konnten immer sofort bewertet werden. Die Experten haben umgehend die Berechnungen angestellt. Es hat sich in den Gesprächen einiges bewegt, vor allem bei der Bezahlung der Überstunden. Auch beim Hausrücklass hat sich etwas verändert. Man muss dann alles in Summe bewerten. Es wurde erwartet, dass alle profitieren, aber es ist das leider in der Art und Weise nicht immer möglich.