16-facher Mord: Angeklagter bis Prozess auf freiem Fuß
Ein 46-Jähriger aus dem Bezirk Linz-Land muss sich in den nächsten Monaten wegen 16-fachen Mordes, dreifachen Mordversuchs und Brandstiftung vor dem Landesgericht Linz verantworten. Der gebürtige Bosnier – er ist seit einigen Jahren österreichischer Staatsbürger – soll während des Jugoslawienkriegs an einem Massaker gegen Serben beteiligt gewesen sein.
Laut Staatsanwaltschaft gehörte der Mann zu einer etwa 60-köpfigen bosnischen Militäreinheit, die in den frühen Morgenstunden des 17. September 1992 das von Serben bewohnte Dorf Serdari stürmte.
Der Überfall war ein gezielter Racheakt für die Gewalttaten der serbischen Armee und exakt geplant. Während ein Teil der Truppe das Dorf auskundschaftete und den Rückzug sicherte, führte ein anderer – darunter angeblich auch der 46-jährige Beschuldigte – den unmittelbaren Angriff mit automatischen Waffen und Sprengstoff aus.
Zwei Kinder getötet
Die muslimischen Männer töteten 16 Zivilisten, darunter zwei Kinder. Drei weitere Personen überlebten das Massaker knapp. Außerdem zündeten die Angreifer elf Häuser an, die großteils niederbrannten.
Mehr als 20 Jahre nach dem Massaker von Serdari, am 13. Jänner 2014, wurden vier Täter von einem bosnischen Gericht wegen Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung zu Haftstrafen verurteilt.
Da der 46-Jährige österreichischer Staatsbürger ist, kam eine Auslieferung nicht in Frage. Die Staatsanwaltschaft Linz stützt sich in ihrer mehr als 200 Seiten umfassenden Anklageschrift aber auf die Protokolle und Beweise aus dem Verfahren in Bosnien-Herzegowina. 23 Zeugen sollen gehört werden – bei Bedarf auch über Videokonferenz.
"Ein Mordprozess wegen Kriegsverbrechen ist zumindest in Oberösterreich ein Novum", sagt Philip Christl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz. Der Beschuldigte – er ist zu den Vorwürfen nicht geständig – befinde sich bis zur Verhandlung auf freiem Fuß. "Seit er von den Ermittlungen gegen ihn weiß, hat er keine Anstalten gemacht, zu fliehen." Der 46-jährige Familienvater sei außerdem gut integriert und gehe einer geregelten Arbeit nach, erklärt Christl.
"Eine Untersuchungshaft ist ohne Flucht-, Verdunkelungs- oder Tatbegehungsgefahr nicht vorgesehen", bestätigt auch der Linzer Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer.
Im Falle einer Verurteilung drohen dem Angeklagten bis zu 20 Jahre Haft. Eine lebenslange Freiheitsstrafe ist rechtlich nicht mehr möglich, da die Taten bereits 22 Jahre zurückliegen.