Chronik/Niederösterreich

Wiens Spitäler stehen auch NÖ zur Verfügung

Niederösterreichische Rettungsdienste fahren Wiener Spitäler nicht an – dieser Irrglaube hält sich hartnäckig. Vor allem im Wiener Umland hört man immer wieder Beschwerden darüber, dass Patienten anstatt in ein Wiener Spital in ein weiter entferntes Krankenhaus in Niederösterreich gebracht wurden.

Für Aufregung sorgte das Thema vor wenigen Jahren, als es etwa im Krankenhaus Mödling noch keine Neurologie gab. Damals wurden Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall vielfach in die „Stroke Unit“ im Landesklinikum Tulln gebracht. Am Weg dorthin durchquerten sie die gesamte Bundeshauptstadt. Unverständlich für die Betroffenen.

Fakt ist jedoch: Bei Notfällen muss von der Rettung das nächstgelegene, geeignete Krankenhaus angefahren werden – unabhängig vom Bundesland. Natürlich nur, sofern ein Bett frei ist.

Und genau das ist laut Christof Constantin Chwojka, Geschäftsführer von 144 Notruf Niederösterreich, das Problem: „Wiener Spitäler sind relativ schnell, relativ oft gesperrt.“ Sprich: Es gibt keine freien Betten. „Aber bei Notfällen wird Wien schon angefahren“, sagt er.

Todesfall

Laut Patientenanwalt Gerald Bachinger hat sich in den vergangenen Jahren die Problematik mit der Anfahrt von Wiener Spitälern gelegt. Zumindest habe er zuletzt keine Beschwerden mehr bekommen, sagt er dem KURIER. Der tragische Tod eines jungen Mannes sei dafür mitverantwortlich gewesen. Im Jänner 2015 hatte ein 25-Jähriger aus dem Bezirk Korneuburg an einer akuten Herzbeutelentzündung gelitten und musste bereits vom eintreffenden Notarzt reanimiert werden. Im nur zwölf Minuten entfernten AKH war damals aber laut der MA 70 – Berufsrettung Wien kein Bett frei. Daher wurde der Mann nach St. Pölten transportiert. Das überlebte der 25-Jährige jedoch nicht.

Nach dem Todesfall gab es ein Treffen zwischen den Wiener und NÖ Verantwortlichen, der MA 70, 144 Notruf NÖ, dem Wiener Krankenanstaltenverbund sowie der NÖ Landeskliniken-Holding, die eine entscheidende Verbesserung brachte: Niederösterreich habe im Fall von unabweisbaren Patienten nun Zugriff auf den Oberjournaldienst des Wiener KAV, der Entscheidungen einzelner Spitäler überstimmen kann. Laut Chwojka habe sich zudem die Bettensituation etwas entschärft.

Anderes System

Generell, sagt der Leitstellen-Chef, habe man in Niederösterreich ein anderes System, das nicht mit Bettenkapazitäten arbeite. Stattdessen, erklärt der Experte, werde mit Akutversorgungskapazitäten disponiert. Das heißt, für die Rettung stellt sich die Frage nach einem freien Bett nicht, sondern nur jene nach einem freien Schockraum. Dann folgen Operationen oder andere Akutbehandlungen. In dieser Zeit, meint Chwojka, könnten die Krankenhäuser ein freies Spitalsbett bereitstellen. Notfalls in einem anderen Haus. Das System, so Chwojka, sei wesentlich sinnvoller. „Das Betten zählen ist sinnlos. Wesentlich ist, dass der Patient im Schockraum überlebt.“