Chronik/Niederösterreich

Widmungen für Windparks gestoppt

Am Donnerstag brach der Sturm los. Gegen den „Tsunami“ an „Mega-Windrädern“ marschierten einige Hundert Windkraft-Gegner vor dem St. Pöltener Landhaus auf. „Verkauft nicht unseren Lebensraum“, „Mindestabstand 3000 Meter“ und „Keine Windräder im Nationalpark Thayatal“ forderten die Aktivisten am Vormittag auf ihren Transparenten.

Nur wenige Stunden später läutete der Landtag ein Zwischenhoch für die Gegner ein. ÖVP, SPÖ und das Team Stronach beschlossen einen einjährigen Widmungsstopp für Windkraftanlagen. In dieser Zeit soll ein Zonenplan erarbeitet werden, der jene Flächen benennt, in denen auch künftig noch Windräder aufgestellt werden dürfen. Dem Beschluss waren heftige Attacken der Windkraft-Lobby vorausgegangen. Und auch Freiheitliche und Grüne halten nichts davon.

„Ich verspüre einen heftigen Gegenwind, aber ich lasse mich weder von Umfragen noch von politischen Querschüssen beeindrucken“, versicherte Landeshauptmann Erwin Pröll den Aktivisten, als er sie gestern zum Gespräch traf. „Es kann nicht sein, dass aus Profitgier unsere Landschaft irreversibel geschädigt wird.“ Deshalb werde dem „Wildwuchs“ an Windrädern nun Einhalt geboten.

Zur Freude der aufmarschierten Bürgerinitiativen. „Wir sehen eine Gefahr für unsere Lebensqualität“, sagte Leopold Dungl von der IG Weinviertel. Manche Gemeinden im Waldviertel seien nach aktuellen Plänen von Windrädern eingekesselt. „Die Kundgebung ist als Dank für die Notbremse zu verstehen“, erklärte Dungl. Er gab aber zu bedenken, dass die Windkraft-Industrie nach wie vor Gemeinden mit Geld ködere, um zu neuen Standorten zu kommen. „Und ich lasse mir nicht das ganze Land auseinander treiben, nur weil alle paar Meter jemand mit ein paar Tausendern wachelt“, gab sich Pröll hemdsärmelig. „Ich will nicht, dass die Windkraft umgebracht wird. Sie gehört aber dorthin, wo sie Sinn macht.“

Nun werden Grundlagen für die Zonenverordnung erarbeitet, die Aktivisten bekommen Mitspracherecht. Das Energieziel des Landes – 50 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbarer Energie bis 2020 – bleibt aufrecht.

Kein Baustopp

Zu einem Baustopp bei Windrädern wird es trotz Widmungspause nicht kommen: Aktuell sind 140 neue Anlagen genehmigt. Für weitere 120 Windräder gibt es einen positiven Umweltbescheid. Diese Anlagen können in den nächsten Monaten gebaut werden.

Nach dem Widmungsstopp sieht sich die Waldviertler Firma „WEB Windenergie“ als Opfer, weil man Windrad-Projekte vorbildlich vorbereitet habe und knapp vor dem Ziel aufgehalten worden sei. Darüber kann Rudolf Karner nur den Kopf schütteln. „Die WEB hat genauso die Bedenken ignoriert und nur an den Profit gedacht“, ärgert sich der gefeuerte Projektleiter der „Windinitiative Waldviertel“. Er sieht seine Forderungen nach festgesetzten Ausbauobergrenzen als Ursache für seinen Rauswurf.

„Meine Überlegung war, einen regionalen Windkraft-Beirat zu installieren, der die Grenzen kontrolliert, um auf die landschaftliche Verträglichkeit zu achten“, sagt Karner. Die Idee sei vom Tisch gewischt worden. Gleichzeitig habe die WEB vergessen, dass auch „Mitbewerber am Kuchen mitnaschen wollen“.

Gerald Simon, Sprecher der „WEB Windenergie“, weist die Kritik zurück. „Unsere Firma steht für behutsamen Ausbau. Wir entwickeln Projekte im Dialog mit den Bürgern. Wo Windkraft unerwünscht ist, kommt keine Anlage hin“, erklärt Simon: Dass kein Beirat installiert wurde, sei aus heutiger Sicht „vielleicht ein Fehler gewesen.“ „Aber das war nicht die alleine Entscheidung der WEB, sondern die des Gremiums der Windinitiative Waldviertel“, sagt Simon: „Wir lassen uns jetzt nicht zum Sündenbock für eine ganze Branche machen.“