Chronik/Niederösterreich

Wärmster Mai: Winzer rüsten sich für den Klimawandel

Der Mai war rekordverdächtig. So viele Sommertage (Tage mit mehr als 25 Grad, Anm.) gab es laut Meteorologen noch nie, der bisherige Rekord lag bei 18 Sommertagen (2000 und 2003). „Die Temperaturabweichung liegt landesweit bei plus 2,4 Grad und wird in den kommenden Tagen tendenziell um ein paar Zehntel steigen“, sagt Ubimet-Meteorologe Nikolas Zimmermann. Der meteorologische Frühling ist mit den Monaten März, April und Mai laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) der zweitwärmste der Messgeschichte.

Der Juni sollte laut Prognose wieder durchschnittlich ausfallen; für Juli kündigen die Experten wieder eine Hitzewelle an. Was sich meteorologisch andeutet, bringt die Landwirtschaft unter Druck. Trotz jüngster Regentage liegt die Niederschlagsmenge deutlich hinter dem Jahresschnitt. „Wir haben 60 bis 70 Prozent Regen-Defizit“, sagt Dietmar Hipp, Landwirt im Waldviertel. Er rechnet bei Sonderkulturen wie Mohn bereits mit massiven Ernteeinbußen.

Um die richtige Antwort auf den Klimawandel zu haben, suchen Bauern und Winzer längst nach Strategien. Einer ist Anton Bodenstein vom Weingut Prager in Weißenkirchen. Der Wachauer Topwinzer entwickelt mit anderen Konzepte, um die Qualität der Weine garantieren zu können. „Die Auswirkungen des Wetters sehen in jeder Gegend anders aus. Bis vor wenigen Jahren hatten wir in der Wachau regelmäßig 500 Millimeter Niederschlag im Jahr. Jetzt sind es 400 und weniger“, sagt Bodenstein.

Vorfluter

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Deshalb plant er, entlang der kleinen Bäche neue, natürlich aufgestaute Feuchträume als Vorfluter zur Donau entstehen zu lassen – dort, wo sie schon vor mehreren Jahrhunderten existierten. So soll der Regen, der oft in kurzer Zeitspanne extrem intensiv fällt, nicht sofort in die Donau abrinnen. „Die Waldbesitzer machen mit“, freut sich der Winzer. Einerseits will man dadurch die Luftfeuchtigkeit in der Weinregion erhöhen, andererseits dient die große Zahl kleinerer Rückhaltebecken als Schutz vor Überflutungen.

UV-Strahlung

Nicht nur die Trockenheit sorgt für Probleme. Auch die intensivere UV-Strahlung schädigt immer öfter die Blätter der Weinstöcke. Darüber hinaus lässt die lang andauernde Hitze den Zucker in den Weintrauben viel schneller entstehen. Und zwar in so hohem Ausmaß, dass man sie manchmal ernten muss, noch bevor die volle physiologische Reife erreicht ist, damit der Wein nicht zu stark wird. „Die Blüte hat in der Vergangenheit immer erst Ende Mai eingesetzt, jetzt ist sie viel früher dran“, sagt Bodenstein.

Ein weiterer Lösungsansatz: „Wir müssen wieder alte, noch nicht auf Zuckerproduktion gezüchtete Reben verwenden. Wir haben solche von der Uni Geisenheim erhalten. Deren Trauben kann man wunderbar ausreifen lassen, ohne dass zuviel Zucker entsteht“, sagt der Winzer. Das bringe dem Wein jenen Charme, den man wolle. Außerdem setzt Bodenstein auf die Rekultivierung alter Terrassen in hohen Lagen, die von der Nähe des kühlen Waldes profitieren.