Chronik/Niederösterreich

Trauer nach tödlichem Unfall in Eiswand: "Der Flo, der war kein Hasardeur"

"Der Flo war alles andere als ein Hasardeur", sagt Michael Kraeftner um Fassung ringend. Am Sonntag war sein Freund und langjähriger Seilpartner Florian T. beim Eisklettern in den Ötschergräben, NÖ, tödlich verunglückt. Der 40-jährige Sportler war beim Aufstieg auf den als "Bluebox" bekannten Eishang von einem sich lösenden Eisblock mitgerissen worden. Ein Kamerad wurde schwer verletzt.

Die Trauer in der Kletter-Community ist groß, der zweifache Vater aus Baden war sehr beliebt. Die Berge waren seine Leidenschaft. Zudem galt er als sehr vorsichtig. "Im Zweifel hat er immer gesagt, wir lassen es lieber. Flo war einer, der Dinge gut einschätzen konnte", erzählt Kraeftner, der selbst bei der Tour dabei sein sollte. Am Samstag sagte er ab, weil er sich nicht fit fühlte. Wie es zu dem Unfall kommen konnte, kann er nicht verstehen. "Flo wäre nicht eingestiegen, wenn es für ihn nicht sicher gewesen wäre."

Familienmensch

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Der Sportler hinterlässt nun eine Frau, einen achtjährigen sowie einen einjährigen Sohn. "Das Wichtigste für ihn war die Familie", betont T.s Bruder Paul. Seinen älteren Buben hätte er oft zu Wanderungen mitgenommen; für Kinder von Freunden und Bekannten Klettertouren veranstaltet. Seine Umsicht ließ Florian in allen Bereichen seines Lebens walten. So ist seine Familie zumindest zum Teil finanziell abgesichert. "Typisch Florian. Weil er gewusst hat, dass er gefährliche Sportarten betreibt, hat er vorgesorgt. Er ist davon ausgegangen, dass etwas passieren kann", erzählt sein Bruder. "Wir können es noch nicht begreifen." Freunde wollen dennoch nun eine Spendenaktion ins Leben rufen.

Nach der Familie sei schon der Sport gekommen. Jiu Jitsu, Radfahren, Klettern. "Das hat ihn süchtig gemacht." Alpin- und Höhlen-Klettern, Tourengehen. Der 40-Jährige war immer auf Achse. Skitouren um drei Uhr in der Früh inklusive Paragliding beim Sonnenaufgang waren keine Seltenheit. "Er war aber kein Extremsportler, der Dinge macht, bei denen man sich an den Kopf greift", hält auch sein Bruder Paul fest. Zuletzt habe Florian eine Homepage angelegt, auf der er sein Wissen weitergegeben hat. "Weil er einer war, der viele Leute zum Wandern, Skifahren und Tourengehen gebracht hat."

Zuletzt hatte T. mit Freund Michael Kraeftner die Leidenschaft fürs Gleitschirm-Fliegen geteilt. "Da habe ich versucht, ihm das beizubringen, was er mir beim Klettern beigebracht hat."

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Gelockert

Tatsächlich ist die Unfallursache noch ungeklärt. "So etwas ist eine Aneinanderkettung von unglücklichen Umständen", sagt Paul Größbacher, Einsatzleiter der Bergrettung Mitterbach. Die Eis-Bedingungen aufgrund des Wetters seien am Sonntag im Grenzbereich gewesen, doch auch Größbacher betont, dass T. als Profi galt. Kommende Woche rät er aber ob des warmen Wetters vom Eisklettern ab. "Es wird von Tag zu Tag schlechter. Jeder Eiskletterer, der rauf klettert, haut sein Steigeisen rein. Es entsteht eine Vibration und lockert das Eis vom Stein weg."

Gefährliche Wärme

Ein Hoch, das in den kommenden Tagen in Österreich wetterbestimmend ist, wird die Situation weiter verschärfen. Bis Freitag wird es laut Ubimet im gesamten Alpenraum viel Sonnenschein und oft zweistellige Temperaturen am Nachmittag geben. Frühlingshaft wird es aber nicht nur in den Tälern . "Es wird in allen Höhenlagen wärmer, was sich auf alle gefrorenen Wasserflächen auswirkt", sagt Ubimet-Meteorologe Nikolas Zimmermann. Das Eis wird nicht nur für Kletterer dünner. Auch das Betreten von gefrorenen Seen wird noch tückischer.

Auf den Bergen spitzt sich die Situation für Tourengeher und Variantenfahrer zu. "Die Schneedecke durchfeuchtet. Dadurch wird die Gefahr größer, dass Skifahrer zum ohnehin lockeren Fundament durchdringen und Lawinen auslösen", sagt Rudi Mair vom Lawinenwarndienst Tirol. Schon seit Wochen gilt Warnstufe 3. Oberhalb von 2400 Metern wird es jetzt noch gefährlicher – auch wenn die Warnstufe gleich bleibt. Für eine höhere gibt es zu wenig Schnee. Aber bereits eine kleine Lawine wiegt Tonnen. In Frankreich starben bei einem Lawinenunglück in der Region Savoyen am Montag mindestens vier Menschen.