Chronik/Niederösterreich

Stimmen im Kopf ließen Terry A. rot sehen

Im vergangenen Mai soll ein psychisch schwer kranker nigerianischer Asylwerber im Flüchtlingshaus St. Gabriel in Maria Enzersdorf einen Mitbewohner zu Tode geprügelt haben. Tags darauf waren Kinder auf einem Spielplatz das Ziel von Terry A. (25). Mit einem Stahlmeißel ging er auf ein 13-jähriges Mädchen los. Gestern begann der Prozess.

Beobachter stellen sich die Frage, ob die Bluttat zu verhindern gewesen wäre. Der Fall zeigt jedenfalls Schwächen des Asylsystems auf.

Wie man am Dienstag zum Prozessauftakt am Landesgericht Wiener Neustadt erfuhr, ist Terry A. nicht politisch oder religiös verfolgt, wie er das bisher behauptete. Weil er in seiner Heimat „keine Arbeit und keine Perspektive hatte“, erzählte er am Dienstag, flüchtete er zunächst nach Libyen und später nach Italien, bevor er im Februar 2016 in Österreich – unter einem anderen Vorwand – um Asyl ansuchte.

Während das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Antrag prüfte, wurde er wegen Drogendelikten zwei Mal verurteilt. Eine Abschiebung sieht das Gesetz dafür nicht vor. Nach mehreren Zwischenfällen in den Flüchtlingsunterkünften in Linz und Pöchlarn wurde Terry A. wegen seiner gewalttätigen Psychosen nach St. Gabriel verlegt. Auch als ihm Stimmen befahlen, mehrmals seine Freundin zu verprügeln und am 1. Mai einen Mitbewohner ohne Vorwarnung mit der Faust ins Gesicht zu schlagen, passierte außer einem Betretungsverbot nichts.

Dieses Versäumnis hatte Folgen. Terry A. soll in der Nacht nach St. Gabriel zurückgekehrt sein und im ehemaligen Speisesaal über Razib D. (26) aus Bangladesch hergefallen sein. Das Obduktionsergebnis lässt die Brutalität erahnen: „Das Opfer erlitt einen Kehlkopfbruch und diverse Einblutungen. Der Tod trat durch eine Atem- und Hirnlähmung ein“, erklärt Staatsanwalt Erich Habitzl.

Wie das Sachverständigengutachten von Gerichtspsychiater Manfred Walzl verdeutlicht, ist Terry A. eine tickende Zeitbombe: „Hochgradig gefährlich und sehr aggressiv. Er leidet unter paranoider Schizophrenie und war zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig“, sagte Walzl.

Nur wenige Tage nach seiner Festnahme prügelte er in der Justizanstalt Wiener Neustadt einen Mithäftling beinahe zu Tode. Mit einer Kaffeetasse und einem Fernseher fügte er dem Opfer mehrere Brüche, Rissquetschwunden und ausge- schlagene Zähne zu.

Selbst für seinen Anwalt Wolfgang Blaschitz ist klar, dass sein Mandant am besten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aufgehoben ist: „Sonst gehen die Meinungen von Staatsanwalt und Verteidiger diametral auseinander. In diesem Fall herrscht aber Eintracht. Wir alle wissen wie es um Terry A. steht“, erklärte Blaschitz.

Was die Bluttat in St. Gabriel anbelangt, gibt es zwar keine Tatzeugen aber eine Menge Indizien. Ein Urteil der Geschworenen wird kommende Woche erwartet.

Der Fall hat grobe Mängel bei der Versorgung psychisch kranker Asylwerber ans Tageslicht gebracht. Eine der Folgen war die Verlegung der Betroffenen von St. Gabriel in andere Einrichtungen.