SPÖ-Chef mit Doppelfunktion
Die Doppelfunktion des Hauptstadtchefs sorgt bereits jetzt für Aufregung bei der Opposition. Der Öffentlichkeit ist er als Mann der leisen Töne bekannt. Selbst sein Sprung an die Spitze der SPNÖ wurde von personellen Umwälzungen der Bundespartei übertönt. Trotzdem ist Matthias Stadler seit Montag und nach der historischen roten Wahlschlappe Chef der mitgliederstärksten SPÖ-Landesgruppe. Einstimmig haben seine Genossen den 47-Jährigen auf den Posten des Landesparteichefs gehievt.
Stadler bleibt nebenbei auch Bürgermeister in St. Pölten. Die Stadtopposition kritisiert die Doppelfunktion. ÖVP-Mann Bernhard Wurzer fragt, ob Stadler „die diametralen Interessen von Vorsitzendem als Gegenspieler von Erwin Pröll und Bürgermeister der Landeshauptstadt unter einen Hut bringen“ werde. Das blaue Urgestein Hermann Nonner bleibt erdig: „Mit einem Hintern auf zwei großen Sesseln zu wetzen, wird Stadler eine Nummer zu groß.“
Der politisch erfolgreiche Bürgermeister – 2011 holte er mit 57 Prozent eine eindrucksvolle SPÖ-Mehrheit – beruhigt seine Wähler via Facebook: „Meine Arbeit für St. Pölten werde ich auch weiterhin in vollem Umfang und mit ganzer Kraft wahrnehmen und freue mich auf die neuen Herausforderungen.“ Interessenskonflikte in der Zusammenarbeit mit Landeshauptmann Erwin Pröll schloss Stadler gegenüber dem KURIER aus: „Die ÖVP wäre gut beraten, die Landeshauptstadt in jedem Fall entsprechend zu fördern.“ Eine Ansage, die Stadler leicht fällt. Anders als sein Vorgänger Josef Leitner kann der Hauptstadtbürgermeister auf eine solide Gesprächsbasis mit dem Landeshauptmann bauen.
Leitner ist übrigens seit seinem Rücktritt Sonntagnacht abgetaucht, sein Telefon abgeschaltet.
Regierung
Matthias Stadler hat von seiner Partei bei der Auswahl eines neuen SPÖ-Landesteams völlig freie Hand bekommen. Und er lässt sich Zeit. „Ich werde jetzt Gespräche führen und in Ruhe entscheiden.“ In die Regierung entsenden muss er einen roten Landeshauptmann-Stellvertreter sowie einen Landesrat. Die besten Chancen auf ersteren Posten werden der bisherigen Landesrätin und Ex-EU-Abgeordneten Karin Scheele eingeräumt. „Wir wissen von nichts“, dementiert ihr Sprecher – in der Politik meist ein Alarmsignal.
Stress braucht sich Stadler keinen machen. Laut Gesetz muss ein ein neuer Landtag bis spätestens 24. April zusammentreten. In dieser ersten Sitzung der neuen Legislaturperiode werden Landeshauptmann und Regierungsmitglieder gewählt.
Am Tag zwei nach der Landtagswahl waren auch in den bisher noch fehlenden Bezirken die Vorzugsstimmen ausgezählt. Relevant sind die Bezirksergebnisse vor allem für die ÖVP, die bei ihren regionalen Kandidaten seit Jahren auf den Wettlauf um persönliche Stimmen setzt.
Beinhart war der VP-interne Kampf um Vorzugsstimmen im Bezirk Amstetten. Weil dort, wie berichtet, das dritte Direktmandat verloren wurde, herrschte bis Dienstag Hochspannung um das Vorzugsstimmen-Resultat. Das bescherte dann der Abgeordneten Michaela Hinterholzer mit 7475 Stimmen ein landesweites Spitzenergebnis. Den Kampf um den zweiten Landtagssitz entschied der Allhartsberger Bürgermeister Anton Kasser mit 4596 vor dem St. Valentiner Andreas Pum mit 4341 persönlichen Stimmen. Beide Kontrahenten gehören dem Bauernbund an.
Ein landesweit beachtliches Ergebnis bei den Vorzugsstimmen fuhr der Melker VP-Chef und Landtagsabgeordneter Karl Moser ein. Mit 6306 Stimmen belegte er landesweit Platz zwei.
Taktisches Spiel
Gut gegangen ist das taktische Spiel von VP-Klubobmann Klaus Schneeberger. Er hat auf ein fixes Landeslisten-Mandat verzichtet und ist in seinem Wahlkreis im Bezirk Wr. Neustadt um Vorzugsstimmen gelaufen. Der Plan ging auf: Schneeberger gewann mit einem persönlichen Rekord von 5064 Vorzugsstimmen vor Franz Rennhofer (2783). Beide sind wieder im Landtag.
Im Bezirk Bruck/Leitha kam VP-Obmann Gerhard Schödinger auf 1242 Vorzugsstimmen. Zwar verfügt der Bezirk über kein Grundmandat, Schödinger dürfte aber in den Landtag einziehen. SP-Spitzenkandidatin Christa Vladyka kam auf 398 Vorzugsstimmen und kandidierte gleichzeitig auf Platz zehn der Landesliste. Ihr Mandat für das Landesparlament gilt damit als gesichert.
Beförderung?
Im Bezirk Gänserndorf schaffte VP-Spitzenkandidat Landtagsabgeordneter René Lobner mit genau 5999 Vorzugsstimmen beeindruckend der Wiedereinzug in den Landtag. Nur halb so viele Vorzugsstimmen (exakt 2968) entfielen auf Fritz Quirgst, dem Bürgermeister von Deutsch Wagram.
Auf SP-Landtagsabgeordnete Karin Renner könnten höhere Weihen zukommen (siehe oben); genaues steht noch nicht fest. Team-Stronach-Kandidat Herbert Röhrer, der Ex-Obmann der Wirtschaftskammer Gänserndorf, konnte 447 Vorzugsstimmen einheimsen.
Im Bezirk Baden verlor die ÖVP eines ihrer zwei Grundmandate. Pfaffstättens Bürgermeister Christoph Kainz zieht dank 4085 Vorzugsstimmen in den Landtag ein, Ortschef Josef Balber aus Altenmarkt reichten seine 3058 Stimmen nicht.
Der Bezirk Mödling ist weiter durch zwei VP-Mandatare im Landtag vertreten. Perchtoldsdorfs Bürgermeister Martin Schuster erreichte 4822 Vorzugsstimmen, Bürgermeister Hans Stefan Hintner aus Mödling 2456.