Chronik/Niederösterreich

Sperrstund’ is jetzt bei der Polizei

Die Kästen sind halb ausgeräumt, die Schubladen leer, Dokumente werden abtransportiert. Es sieht so aus, als wäre in dem Wohnhaus in Eichgraben, Bezirk St. Pölten, eine Einbrecherbande auf Beutezug gewesen. Die Polizei muss allerdings nicht mehr gerufen werden, denn sie ist schon da – noch.

Postenkommandant Alois Hayden und sein Kollege Tontcho Nikov sind in diesen Tagen damit beschäftigt, die Inneneinrichtung einer 112 Jahre alten Institution zu zerlegen. Denn der Polizeiposten Eichgraben wird ab 1. Mai zugesperrt, die fünf Ermittler wechseln in das rund sechs Kilometer entfernte Altlengbach. "Ein bisschen Wehmut schwingt schon mit", erzählt Hayden, der seit vier Jahren die Leitung des Postens innehat. "Aber es ist ein Auftrag, der auch umgesetzt wird."

Während Nikov einen Tisch auseinanderschraubt, bleibt dem Postenchef Zeit, sich an die größten Fälle in der Region zu erinnern. Lange überlegen muss er nicht. "2009 hatten wir in Eichgraben einen Mord und einen Mordversuch. Die Kollegen waren rasch zur Stelle."

Das soll, so wird bei der Polizei beteuert, auch weiter so bleiben. In der Wienerwaldgemeinde, aber auch in den anderen Ortschaften, die von der Polizeireform unmittelbar betroffen sind.

Kritik

"Für die Bevölkerung wird sich nichts ändern. Wir werden künftig sogar noch präsenter und wahrnehmbarer für die Bürger sein", sagt Polizeichef Franz Prucher. Weniger Bürokratie, mehr Präsenz auf der Straße ist das Zauberwort. Durch die Reform sollen mehr Kriminaldienstgruppen sowie für den Straßenverkehr spezialisierte Beamte entstehen. Ob das neue System funktioniert, wird die Zukunft weisen. Die Kritik vieler betroffener Bürgermeister fiel bei Bekanntwerden der Reformpläne jedenfalls heftig aus. Und bei so manchem ist der Ärger noch nicht verflogen (siehe Bericht rechts).Die Zusammenlegungen der Dienststellen sollen jetzt sehr rasch über die Bühne gehen. Mit 1. Mai sind knapp die Hälfte der 21 betroffenen Inspektionen Geschichte, der Rest folgt im Juni und Juli.

Acht Gemeinden (Neusiedl/Zaya, Harmannsdorf, Großmugl, St. Leonhard am Forst, Gaaden, Puchberg am Schneeberg, Weidling und Gutenstein.) haben sich für die Errichtung eines Polizei-Stützpunktes entschlossen. Den Großteil der Kosten dafür müssen sie allerdings selbst stemmen. Die Idee dahinter: Die Bürger können bei dem Stützpunkt mittels Ruftaste rund um die Uhr mit einer Leitstelle der Polizei Kontakt aufnehmen. Diese entsendet dann direkt einen Streifenwagen zum Ersatz-Revier oder zum Einsatzort.