Chronik/Niederösterreich/Sankt Pölten

Alkounfall in NÖ: Die Nacht, als ein Mann seine große Liebe verlor

Er war schnell in Sorge. Als seine Frau nach ihrer Spätschicht am 13. Juni nicht nach Hause kam, machte sich ihr Mann auf den Weg. Er wollte ihr entgegenfahren, der "Liebe seines Lebens", wie er sie nennt.

Der St. Pöltner dürfte die Unfallstelle schon früh gesehen haben. Die Bundesstraße 1 bei Maria Jeutendorf bei St. Pölten ist recht übersichtlich. Als er sich näherte, sah er auch die Notärzte, die bei seiner Gattin knieten, um sie wiederzubeleben. Doch die Rettungskräfte konnten der 57-Jährigen nicht mehr helfen.

Eineinhalb Monate später sitzt der Witwer im Saal 201 des Landesgerichts St. Pölten. Vor ihm, auf der Anklagebank, nimmt jener Mann platz, der eine glückliche Ehe zerrissen hat. 

Angeklagter ist Wiederholungstäter

Der 62-Jährige war es, der am 13. Juni mit einem Lkw auf der B1 unterwegs war. Er geriet dabei auf die Gegenfahrbahn und krachte mit voller Wucht in den Citroën 2CV der Frau. Ein Alkotest bei dem Unfalllenker ergab 1,5 Promille.

Der Angeklagte ist ein Wiederholungstäter. Im Mai 2022 wird er gestoppt, als er alkoholisiert unterwegs ist. Nur ein paar Monate später baut der St. Pöltner auf einem Feldweg einen Unfall. Er flüchtet, kann aber von der Polizei ausgeforscht werden. Wieder saß er betrunken hinter dem Lenkrad, berichtet der Richter, sein Führerschein wird ihm für etwas mehr als vier Monate weggenommen.

"Jetzt trinke ich gar nichts mehr", sagt der 62-Jährige, der bald in Pension gehen wird, zum Richter. Der Mann ist voll geständig, versucht sich mehrmals bei dem Witwer zu entschuldigen. "Es tut mir von Herzen leid", beteuert er mit Tränen in den Augen.

Urteil ist nicht rechtskräftig

Der Angeklagte muss für die Tat ins Gefängnis. Der Richter spricht eine Haftstrafe in der Höhe von 18 Monaten aus, sechs davon wird der 62-Jährige in Haft verbringen. Zudem muss er für die Begräbniskosten aufkommen, der Rest wird am Zivilrechtsweg verhandelt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Man spürt gleich, dass jenem Mann, der am 13. Juni seine Frau verloren hat, die Strafe viel zu gering ist. Er schüttelt mehrmals den Kopf, verabschiedet sich von der Opferanwältin und geht dann nach Hause.