Chronik/Niederösterreich

Riesiger Schlepperring gesprengt

Der mutmaßliche Anführer war zwar erst 19 Jahre alt, hatte aber schon eine Maschinenpistole bei sich. Der Tunesier Belkasem A. und 17 weitere Verdächtige aus Ungarn und Serbien konnten im Großraum Subotica nach Hinweisen des Landeskriminalamtes Niederösterreich verhaftet werden. "Sie haben jeden Tag drei Schlepper-Transporte mit sieben bis neun Personen in Richtung Österreich unternommen", erklärt Christian Jäger, Leiter der Gruppe Menschenhandel.

2000 Euro

Die offenbar gut organisierte Bande warb die Ausländer vor allem in Griechenland an. Für 800 Euro wurden sie zunächst in die Schlepper-Metropole Subotica gebracht, dort waren dann weitere 1200 Euro für den Transport nach Österreicher fällig. Zunächst mussten die Opfer zu Fuß über die Grenze und wurden anschließend mit Kleinbussen weitertransportiert. Die Geschleppten mussten dabei teilweise viele Stunden unter verschiedenen Ladungen verbringen. In Österreich angekommen, wurden sie dann einfach auf Parkplätzen ausgesetzt. Nach den Asylgesuchen wurden sie auch vom Landeskriminalamt näher befragt. Einige kannten nur den Vornamen des Tunesiers, aber einer hatte sogar eine Telefonnummer dabei.

Zusammenarbeit

Beamte des Bundeskriminalamtes treffen sich in regelmäßigen Abständen mit den Kollegen der serbischen Polizeieinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Im Zuge dieser Treffen wurden die Informationen über die Bande den serbischen Behörden übergeben. Dadurch konnte in Subotica der Beschuldigte identifiziert und festgenommen werden. Im Laufe der vergangenen Wochen gingen immer mehr Bandenmitglieder ins Netz, derzeit sind bereits 18 Verdächtige in serbischer Haft. In insgesamt drei Bunkerwohnungen in Su botica wurden mehrere Waffen beschlagnahmt und mehr als 50 Personen entdeckt, die illegal dort waren um größtenteils nach Österreich geschleppt zu werden. Die Bande dürfte laut Auskunft des Landeskriminalamtes mehrere Monate im Geschäft gewesen sein und soll mindestens 2000 Menschen in die EU geschleust haben.

Subotica - das Tor in die EU

Subotica liegt in der Vojvodina, hat knapp 100.000 Einwohner und ist damit die fünftgrößte Stadt der Republik Serbien. Die Region um den Stadtkern ist fruchtbar und Landwirtschaft ist die legale Haupteinnahmequelle. Doch die Stadt, die fast 180 Jahre zu Österreich-Ungarn gehörte und zeitweise nach Maria Theresia (Maria-Theresiopolis) benannt war, ist auch das Tor zur Europäischen Union und Tummelplatz für skrupellose Menschenhändler.

"Subotica ist eine markante Drehscheibe", erklärt Christian Jäger, Chefermittler in Sachen Menschenhandel beim Landeskriminalamt Niederösterreich. Immer wieder taucht die Stadt in Berichten von Asylanten auf. Viele versuchen, sich auf eigene Faust dorthin durchzuschlagen und suchen dort dann nach Organisationen, die sie in die EU schleusen.
Da Subotica nur rund zehn Kilometer von der EU-Außengrenze entfernt ist und schon seit dem Mittelalter ein wichtiges Handelszentrum war, ist sie der ideale Knotenpunkt. "Hier sitzen zig Schlepper und haben Bunkerwohnungen, von denen die Opfer dann mit Kleinbussen via Ungarn nach Österreich und von hier aus nach ganz Europa gebracht werden", schildert Jäger.