Chronik/Niederösterreich

Prozess: Entführt, angekettet und vergewaltigt

Der Angeklagte Erich L. saß reglos da und blickte nur selten zur Staatsanwältin, als sie am Landesgericht Krems am Montag die Details eines mehr als 24 Stunden dauernden Sexualverbrechens skizzierte. Sie sprach von einem „perfiden Tatplan“, den L. vergangenen Sommer im Waldviertel umgesetzt haben soll, schilderte erschütternde Einzelheiten und berichtete von Todesängsten, die das 25-jährige Opfer erleben musste. Die weitere Hauptverhandlung verlief bis zum Rechtsspruch unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

„Auch wenn ich es rhetorisch nicht besser rüber bringen kann, tut es mir sehr, sehr leid, was passiert ist“, sagte der 13-fach wegen sexueller Vergehen einschlägig vorbestrafte Angeklagte vor der Urteilsverkündung. Das nahm ihm der Schöffensenat aber nicht ab. „Es gab kein umfassendes und reumütiges Geständnis“, betonte die Richterin und sagte, „das Opfer lebt, aber sie haben ihr Leben zerstört“. Zwar konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob seine Straftaten geplant waren. Da er innerhalb weniger Monate erneut straffällig wurde, erhielt er diesmal die Höchststrafe von 15 Jahren Haft; außerdem wird der 46-Jährige – wegen seiner nachgewiesenen „Abartigkeit“ – in  eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Martyrium

Laut Anklage soll L.  die 25-jährige Krankenschwester Ende Juli 2017 am Edlesbergersee  im Bezirk Zwettl entführt und  in seinem  rund 70 Kilometer entfernten Haus im Bezirk Scheibbs mehrfach vergewaltigt haben.  Davor sei er um den See geradelt und habe Ausschau  nach einem Opfer gehalten. Danach  soll  er es –  getarnt mit Perücke und Brille –  unter dem Vorwand, Hilfe zu benötigen, in seinen weißen Kleinbus    gelockt haben.  Dort habe er die Frau geknebelt und gefesselt. Eingepfercht in einer 169 mal 69 Zentimeter großen, sargähnlichen Holzkiste brachte L. die 25-Jährige in sein Wohnhaus.

In der Garage legte er dem Opfer eine Metallschelle um den Hals und führte es an einem Stahlseil in sein Schlafzimmer, wo es   zu Erniedrigungen und Vergewaltigungen kam. Wie sehr die junge Frau unter den stundenlangen Qualen litt,  mache auch ihre Aussage deutlich, „dass es ihr letzter Wunsch gewesen sei, sterben zu können. Ihre Mutter würde das verstehen“, sagte ihre Anwältin.

Am nächsten Tag brachte L. die 25-Jährige zurück ins Waldviertel und ließ sie gehen. Als sie das Fahrzeug verließ, kamen ihr hintereinander zwei Pkw entgegen – im zweiten saßen ihre Eltern, die schon nach ihr gesucht hatten. Seit damals leidet sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dem immer noch traumatisierten  Opfer sprach das Gericht rund  16.500 Euro zu. Weil L.s Verteidiger keine Erklärung abgab, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.