Chronik/Niederösterreich

Niederösterreich: FPÖ stellt mit SPÖ-Hilfe ersten Bürgermeister

Nach dem Tauziehen um das Amt des Bürgermeisters sind in Bad Großpertholz im Bezirk Gmünd die Würfel gefallen. Erstmals in Niederösterreich wird dort die FPÖ einen Bürgermeister stellen, jubelte Sonntagnachmittag FPÖ-Landesparteiobmann Gottfried Waldhäusl. Als drittstärkste Kraft wird die FPÖ-nahe Liste „Pertholz aktiv“ mit Hermann Hahn das Bürgermeisteramt übernehmen.  Die SPÖ wird dabei als zweitstärkste Kraft das Bürgermeisteramt der Blauen in der ersten Hälfte der fünfjährigen Legislaturperiode stützen. In der zweiten Hälfte wird sie den Ortschef dann selbst stellen.

Alle Inhalte anzeigen

Wahlverlierer ÖVP

Die ÖVP mit Bürgermeisterin Martina Sitz hatte bei den Gemeinderatswahlen mit einem Minus von knapp 24 Prozent fast ein Drittel ihrer Stimmen eingebüßt. Mit nur mehr acht Gemeinderatssitzen erreichte man die Absolute klar nicht mehr. "Unsere Hand bleibt bis zum Schluss ausgestreckt", sagte sie Sonntag in Richtung der beiden Parteien. In den vergangenen Wochen habe man aber bereits gespürt, dass es zu einem rot-blauen Deal kommen werde, sagte sie. Die SPÖ unter Spitzenmann und Parteiobmann Josef Scharinger schaffte ein Plus von 4,4 Prozent und sieben Gemeinderatssitze. Sie wurde zur ausschlaggebenden Kraft. Scharinger sagt, dass sich das Arbeitsübereinkommen sehen lassen könne und dem Wählerwillen Rechnung trage.

In intensiven Gesprächen am Abend des Faschingsamstags wurde der blau-rote Polit-Deal gegen die ÖVP nun fix gemacht. Hermann Hahn berichtete im Vorfeld, dass ihm beide Parteien gute Koalitionsangebote gemacht hätten. Seine Liste hatte um 19,5 Prozent zugelegt, das bedeutete, statt bisher einem, fünf Mandate. Dass ihm die SPÖ als stärkere Kraft in den Bürgermeistersessel verhilft, dürfte aber den Ausschlag in den Parteiengesprächen gegeben haben." Die ÖVP habe sich selbst aus dem Rennen genommen, weil sie trotz großzügigen Zugeständnissen an seine Liste "gleichzeitig konträre Parallelverhandlungen hin zur SPÖ führte", schilderte Hahn. Die Strategie, das Amt der Bürgermeisterin um jeden Preis zu erhalten, sei gescheitert, so Hahn weiter.

Geschichtsträchtig

Die ÖVP kritisierte den Polit-Coup natürlich heftig. Seit Tagen habe Hahn Gespräche verweigert, wurde behauptet. „Bad Großpertholz wird das Symbol für die Selbstaufgabe der Sozialdemokratie. Für das Geschichtsbuch: Unter der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und dem Landesparteivorsitzenden Franz Schnabl wurde der erste blaue Bürgermeister Niederösterreichs mit den Stimmen der SPÖ gewählt. Die SPÖ macht als zweitplatzierte Partei die drittplatzierte FPÖ zur Bürgermeisterpartei. Für die Zukunft ist damit eines klar: Die SPÖ macht für jeden den Steigbügelhalter, für eine Partei die sich selbst aufgegeben hat, gibt es weder moralische noch ideologische Prinzipien", kommentiert VPNÖ-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner das Verhandlungsergebnis in Bad Großpertholz.

SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar reagierte umgehend: „Sich künstlich über ein demokratisch zustande gekommenes Arbeitsübereinkommen zu echauffieren steht der ÖVP unter LGF Bernhard Ebner überhaupt nicht. Sie hat es sich immerhin offensichtlich zur Lebensaufgabe gemacht als Zweiter die stärkste Partei SPÖ in zahlreichen Gemeinden auf die Oppositionsbank zu verfrachten“, sagte er. 

Jubel dagegen bei FPÖ-Landesrat Waldhäusl. „DI Hermann Hahn ist der erste freiheitliche Bürgermeister Niederösterreichs, er wird in Bad Großpertholz perfekte Arbeit für die Menschen leisten“, freut sich Landesrat Gottfried Waldhäusl. „Ich kenne ihn schon sehr lange, und auch seine Haltung: Nämlich, dass Parteipolitik in der Gemeinde nichts zu suchen hat. Hermann stand und steht zur Sachpolitik und das ist der Garant dafür, dass er mit inhaltlicher Arbeit das Beste für die Bad Großpertholzer schaffen wird. Ich gratuliere ihm herzlich zum neuen Amt“, ließ er per Aussendung vermelden.