Neues Gutachten im Kampf gegen Starkstrom
Von Peter Gruber
"Alles andere, als sofort zu handeln ist nicht mehr vertretbar." Alexander Hunyadi, Sprecher der Initiative "Aktion Himmelblau" steht unter Strom. Der Grund: Ein neues Gutachten im Kampf gegen die 110.000-Volt-Leitung über den Köpfen der Bewohner der Kottingbrunner Rot-Kreuz-Siedlung. Es bestärkt diese in der Angst vor gesundheitlichen Risken.
Wie berichtet wollen die Wiener Netze die Leiterseile der Anlage tauschen. Nach knapp 60 Jahren ist das notwendig. Die Kottingbrunner wehren sich. Lange genug hätten sie unter den Drähten gelebt, weitere 60 Jahre wollen sie nicht mehr hinnehmen.
104 Seiten ist das Gutachten stark, das die Gemeinde Kottingbrunn beim renommierten Umweltanalytiker Dietrich Moldan in Auftrag gegeben hat. Die Umweltmediziner Michael Kundi und Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien haben die Ergebnisse bewertet.
Sie kommen zum Schluss, dass selbst bei der offensichtlich geringen Auslastung der 110 kV Leitung durchschnittliche Expositionen auftreten, die mit einer Erhöhung gesundheitlicher Risken verbunden sind. Außerdem müsse man die nahe Südautobahn berücksichtigen. Durch die Emissionen könne eine schädliche Wirkung verstärkt werden.
Verschiedene Werte
Bei den Wiener Netzen wartet man noch auf das Gutachten. "Solange wir es nicht haben, können wir es auch nicht kommentieren", meint Sprecher Christian Neubauer.
Sie werden ihre Meinung aber wohl nicht ändern müssen. Die Wiener Netze haben von Anfang an auf bestehende Grenzwerte verwiesen, auf die WHO und das ÖNORM-Provisorium. Und die werden laut Gutachten nicht überschritten.
"Das Handeln der Wiener Netze entspricht dem Stand der Gesetze. Ob es dem Stand der Wissenschaft entspricht ist eine andere Frage", meint Gutachter Moldan. Die Wiener Netze orientieren sich am ÖNORM-Grenzwert von 100.000 Nano-Tesla, die Gutachter am – etwa in der Schweiz zum Teil verbindlichen – Vorsorgewert von 1000 Nano-Tesla. Der wird in Kottingbrunn deutlich überschritten.