Chronik/Niederösterreich

Neue Briefe von Ludwig van Beethoven: Starke Verbindungen zu Baden

„Die Partitur der Sinfonie ist dieser täge vom Kopisten vollendet“, schreibt Ludwig van Beethoven am 5. September 1823 an seinen ehemaligen Schüler Ferdinand Ries in London. Und fügt hinzu: „ich befinde mich hier, wo ich sehr übel angekommen, denn meine Gesundheit steht noch immer auf schwachen Füßen, u. du lieber Himmel, statt daß andere sich beym Bade gebrauch erlustigen fordert meine Not, daß ich alle Tage schreibe, außer den Bädern muß ich auch noch Mineralische Wäßer gebrauchen.“

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Ein, bis auf den Autor der Zeilen, unscheinbarer Brieftext, doch für Baden eine wahre „Ode an die Freude“. Denn die Sinfonie, von der hier die Rede ist, das ist die berühmte Neunte. Und die Bäder, die hat Beethoven eben in Baden genommen. Womit man den schriftlichen Beweis hat, dass er an dem Werk, von dem ein Teil später zur „Europahymne“ werden sollte, in Baden gearbeitet hat und der Name „Beethovenstadt“ völlig zu Recht besteht.

"Haus der Neunten"

Wobei das Beethovenhaus in der Rathausgasse (siehe unten) von den Badenern schon immer als „Haus der Neunten“ bezeichnet wurde. An der Fassade findet sich auch seit 1872 eine Gedenktafel, die auf Beethovens Arbeit an der Neunten hinweist. „Dieser Mythos wurde immer sehr gepflegt“, sagt Kulturstadtrat Johann Hornyik mit einem Schmunzeln. Waren es bisher aber kaum mehr als Indizien, die darauf schließen ließen, hat man nun Gewissheit. „Wir wissen, dass Beethoven oft in Baden war, und jetzt wissen wir aus seiner eigenen Hand, dass er hier an der Neunten gearbeitet und Inspiration gefunden hat“, freut sich Bürgermeister Stefan Szirucsek.

Geboren wurde Ludwig van Beethoven in Bonn (wo noch sein Geburtshaus steht), die meiste Zeit seines Lebens, nämlich 35 von 57 Jahren, verbrachte er aber in Wien und Umgebung. Doch nicht an einem Ort, sondern an vielen. Rund 60  Häuser und Wohnungen hat er im Laufe der Zeit bezogen. Rein rechnerisch packte der rastlose Komponist fast jedes halbe Jahr seine Sachen.

In Mödling verbrachte er die Sommer 1818 und 1819, doch Baden wurde seine besondere Liebe.  15 Sommer wurden es. Er bewohnte hier  zahlreiche Wohnungen, 1821, 1822 und 1823 logierte er im  „Kupferschmiedhaus“ in der Rathausgasse 10, dem heutigen Beethovenhaus.

Das von ihm gemietete Appartement im ersten Stock begeistert heute noch mit der originalen Farbigkeit, die 2014 im Rahmen der Restaurierung wiederentdeckt und freigelegt wurde.
Der berühmte Komponist suchte in der kaiserlichen Kurstadt Heilung von seinen zahlreichen Leiden. Seinem Bruder schrieb er: „…über meinen Gesundheitszustand lässt sich nicht mit Gewissheit von einer wirklichen Besserung sprechen, ich glaube aber doch, dass durch die Kraft der Bäder das Übel, wenn nicht behoben, doch unterdrückt werden wird…“.

Im Beethovenhaus  befindet sich auch ein Hammerflügel, auf dem Ludwig van Beethoven mehrmals gespielt hat. Das Instrument wurde 1895 von Magdalena Perger der Stadt Baden geschenkt. Nach einer aufwendigen Restaurierung ist der Flügel nun auch wieder im Rahmen von Konzerten zu hören.

„Schuld“ daran ist Ulrike Scholda, Leiterin der Badener Museen. Sie forschte im digitalen Archiv des Beethoven-Hauses Bonn und stieß dort auf die „Badener Briefe“. Diese wurden für die neue Ausstellung „Der Weg der Neunten – Von Baden in die Welt“ als Leihgaben zur Verfügung gestellt und sind nun erstmals in Österreich zu sehen. Nur in sehr gedämpftem Licht und getrennt voneinander – der erste Brief bis Ende Juli, der zweite (mit ähnlichem Inhalt) anschließend ab August.

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200-Jahr-Jubiläum

Anlass für die Ausstellung ist die Uraufführung der 9. Sinfonie am 7. Mai 1824. Und dafür hat man im Beethovenhaus geballte Information zusammengetragen. „Es ist wirklich wie ein Krimi“, sagt Scholda. So fand die Uraufführung zwar in Wien statt, es war aber eine Auftragsarbeit für die Philharmonische Gesellschaft London. Erst fünf Tage vor der Aufführung waren die Partituren fertig, ein Sänger sprang sogar noch ab. Beethoven selbst war zu dem Zeitpunkt bereits völlig taub und wird neben den eigentlichen Dirigenten gestellt. Er bekam deshalb auch den Jubel erst mit, als ihn eine Sängerin zum Publikum umdreht – das dadurch erst bemerkte, wie taub er ist.

Gewidmet hat er das Werk übrigens dem preußischen König. „Die Originalpartitur befindet sich auch in Berlin“, sagt Scholda. Ursprünglich wollte Beethoven den russischen Zaren damit bedenken, doch der starb zuvor. Warum nicht der österreichische Kaiser Franz I. in den Genuss kam? „Vielleicht weil er bei keiner Aufführung erschien“, mutmaßt Scholda.

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Zur Neunten gibt es noch viele Geschichten. Dass sie etwa in Japan 1918 von deutschen Soldaten in einem Kriegsgefangenenlager aufgeführt wird und seitdem zum japanischen Jahreswechsel gehört. Oder dass auf die 1982 entwickelte CD deshalb 74 Minuten passen, weil eine Version der Neunten so lange dauerte. Oder, wie die „Ode an die Freude“ schließlich zur Europahmyne wurde.

„Der Weg der Neunten – Von Baden in die Welt“. 27. April bis 3. November, Beethovenhaus Baden, Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen, jeweils 10 bis 18 Uhr www.beethovenhaus-baden.at