Chronik/Niederösterreich

Mistelbach: Schütze verfasste vor der Tat Manifest

Über Wochen hinweg schrieb er sich seinen Frust von der Seele, verfasste eine Art Manifest, in dem er sich mit seiner „unglücklichen Lebenssituation“ auseinandersetzte. Auch von einem geplanten Attentat soll in dem Schreiben die Rede sein.

Mordermittler des Landeskriminalamtes Niederösterreich sichten derzeit die Notizen des mutmaßlichen Schützen von Mistelbach. Und es wird klar: Wie jene Amokläufer, die 1999 in der Columbine Highschool 13 Menschen töteten, dürfte er geplant haben, aus dem Leben zu scheiden.

Rund 48 Stunden nachdem ein 18-jähriger Grundwehrdiener einen 19-jährigen Schüler im Bundesschulzentrum Mistelbach angeschossen haben soll, werden immer mehr Details bekannt. Bei der Einvernahme soll der junge Weinviertler gestanden haben, einen Amoklauf „wie in den USA“ geplant zu haben, bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Friedrich Köhl bisherige KURIER-Berichte.  Seine Mutter  hatte gegenüber dem KURIER von einem Brief ihres Sohnes gesprochen, sie dürfte dabei das Manifest gemeint haben.

Wahl der Waffe

Dass dieser Plan nicht in einem Blutbad endete, dürfte der Wahl der Waffe geschuldet sein: Eine Woche vor der Tat soll sich Mario S. – legal – eine Schrotflinte der Marke Baikal MP18 samt Schrotmunition besorgt haben. Diese muss nach jedem Schuss nachgeladen werden. Wie nun bekannt wurde, hatte die Baikal nach dem ersten Schuss, der sein 19-Jähriges Zufallsopfer aus 25 Metern Entfernung im Gesicht und am Körper traf,  wohl eine Fehlfunktion. Die Patrone dürfte sich verklemmt haben. „Nicht auszudenken was passiert wäre, hätte der Täter, der ja beim Bundesheer eingerückt war, sein Sturmgewehr verwendet“, sagt ein Ermittler.

Ernst dürfte es der Schütze  jedenfalls gemeint haben: Er erschien wie seine Vorbilder in den USA in einem dunklen Trenchcoat. Zudem hatte er 25 Schuss Munition dabei. Als die Waffe versagte, soll S. die Flucht ergriffen haben. Neben der Flinte und dem Mantel ließ er  noch einen weiteren Gegenstand zurück, der die Ermittler rasch auf seine Spur brachte: Der Rekrut hatte zum Transport seine Bundesheer-Tasche verwendet. Noch während der Fahndung nach dem 18-Jährigen führten die Kriminalisten eine Hausdurchsuchung durch, stellten Datenträger sicher. Er wurde nur wenige Stunden später in Wien-Floridsdorf verhaftet. Die  Datenträger werden nun von Forensikern ausgewertet werden. Auch die Waffe wird untersucht.

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Stille

In Mistelbach herrscht am Freitagmittag immer noch eine bedrückende Stille rund um das Bundesschulzentrum. Vor dem Schulgebäude, trifft der KURIER jene Schülerin, die die Schrotflinte des Täters gefunden hat: „Eine Freundin und ich waren in der Nähe des Tatortes und haben die Waffe gefunden. Es war total komisch, denn wir haben keinen Schuss gehört.“ Das hat allerdings eine andere Schülerin, die ebenfalls anonym bleiben will: „Ich war mit Freunden in der Nähe und wir haben den Schuss gehört. Aber wir haben nicht gewusst, was passiert ist.“

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Die Direktoren der HAK, HLW und des BORG zeigen sich betroffen von den Ereignissen an ihrer Schule. Der Täter selbst sei nicht auffällig gewesen, wie HLW-Direktor Johannes Holzinger erklärt: „Der Täter war vor zwei Jahren für ein Semester Schüler an meiner Schule. Damals war er absolut nicht auffällig. Er hatte auch weiter Kontakt mit aktuellen Schülern und auch da gab es keine Anzeichen.“

BORG-Direktorin Isabelle Zins ist froh, dass das Kriseninterventionsteam so rasch zur Stelle war: „Wir dürfen den Vorfall nicht hochkochen, aber auch nicht unter den Teppich kehren. Die Schüler sollen sich schnell wieder sicher fühlen und in ihren Tagesrhythmus kommen.“ Die Maturanten, die am Freitag ihre Prüfung ablegten, waren von den Vorfällen am Mittwoch unbeeindruckt, wie die Direktoren versichern.

Am Freitag wurde die U-Haft über den 18-Jährigen verhängt.
 

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