Chronik/Niederösterreich

Lichtblick für das Sorgenkind

Das Waldviertel stirbt aus. Ein Satz, der – obwohl überspitzt – kaum mehr große Bestürzung auslöst. Dass Niederösterreichs Norden mit einem Bevölkerungsrückgang kämpft, ist bekannt. Immer wieder werden Rufe nach Lösungen der Misere laut. Zuletzt im Zuge der Debatte um eine Waldviertel-Autobahn.

Im KURIER haben Verkehrs- und Raumplaner sowie zuletzt Verkehrslandesrat Karl Wilfing dem Straßenprojekt eine Absage erteilt. Trotzdem sehen manche in einer Autobahn die einzige Chance, die Abwanderung zu stoppen. Dabei gibt es im Waldviertel längst Initiativen, die – ganz ohne Autobahn – dafür sorgen, dass sich wieder Menschen ansiedeln.

"Abwanderung und Bevölkerungsrückgang wurden in vielen Gemeinden des Waldviertels zunehmend zur Existenzfrage", erinnert sich Josef Wallenberger, Chef der Regionalberatung und Projektleiter der Initiative "Wohnen im Waldviertel". Deshalb entschieden sich 44 Gemeinden, heute sind es 56, gemeinsame Entwicklungsimpulse zu setzen. Es entstand eine der größten freiwilligen Gemeinde-Kooperationen. "Durch die Umsetzung einer Reihe neuer, unkonventioneller Ideen seit 2009 wurde eine Trendumkehr in der Bevölkerungsentwicklung für die Region eingeleitet", sagt Wallenberger. Im Jahr 2009 wurde noch ein Minus von rund 200 Hauptwohnsitzern verzeichnet. 2014 war es dann ein Plus von 600. "Seit 2010 sind um fast 1500 Hauptwohnsitzer mehr zugewandert als abgewandert", erläutert Wallenberger.

Im Zentrum der Initiative steht die Online-Plattform von "Wohnen im Waldviertel". Hier werden aktuell rund 900 Häuser, Wohnungen und Baugründe angeboten, aber auch freie Jobs sowie Infos über Lebensqualität und Infrastruktur in der Region.

Forschung

Die Richtung von "Wohnen im Waldviertel" gab zunächst eine Studie vor. Die Wohnbauforschung genießt in Niederösterreich mittlerweile hohen Stellenwert. Derzeit befinden sich 15 unterschiedliche Studien in Arbeit – vom leistbaren Wohnen über Anpassungen an den Klimawandel bis hin zur Wärmerückgewinnung. "Das Land gibt jedes Jahr rund 700.000 Euro für Projekte der Wohnbauforschung aus", sagt der zuständige ÖVP-Landesvize Wolfgang Sobotka. Dabei arbeite man mit renommierten Experten, Instituten und vor allem Fachhochschulen und Universitäten zusammen. "Die Initiative Wohnen im Waldviertel zeigt, dass durch die Kombination von Forschung und Umsetzung nachhaltiger Mehrwert entsteht – durch gezielte Maßnahmen wurde das Waldviertel zur Wachstumsregion."

Im kommenden Jahr soll die dritte Phase des Projektes starten. "Die Region Waldviertel soll verstärkt als ,Lebenslanger Wohnstandort‘ etabliert werden", umreißt Josef Wallenberger. "Dabei sollen Wohnformen für jedes Alter – für die erste Haushaltsgründung, nach einer Trennung oder bei Pensionsantritt – in möglichst vielen Gemeinden initiiert werden."www.wohnen-im-waldviertel.at

Eigentlich sprach von vornherein alles dagegen. Das nasskalte Winterwetter lud keinesfalls zur Hausbesichtigung ein. Und die passende Immobilie war ja längst im Wiener Umland gefunden. Trotzdem leben Erika und Hartmut Meyer jetzt im Waldviertel. Das deutsche Ehepaar nennt seit mehr als einem Jahr ein schmuckes kleines Haus in Echsenbach, Bezirk Zwettl, ihr Eigen.

"Da unser ehemaliges Haus mit Garten zu groß und arbeitsaufwendig wurde, entschlossen meine Frau und ich uns, ein kleines passendes Anwesen irgendwo in Österreich zu suchen", erzählt Hartmut Meyer. Nach vielen Besichtigungen hatte man sich schon für eine Immobilie nahe Wien entschieden. Internet-Recherchen brachten die Meyers aber zu "Wohnen im Waldviertel", wo das Haus in Echsenbach inseriert war. Erika Meyer musste ihren Mann überreden, nach den zahlreichen Besichtigungen auch noch diese eine Immobilie anzuschauen: "An diesem Tag war tristes Winterwetter, doch als wir das Häuschen ,Am Berg‘ in Echsenbach erreichten, schien die Sonne und ich wusste, das ist unser neues zu Hause."

Heute fühlt sich das Ehepaar gut aufgehoben. "Uns hätte nichts Besseres passieren können. Wir haben supernette Nachbarn, viele Freizeitmöglichkeiten, Veranstaltungen und praktisch die Natur vor der Haustür."