Chronik/Niederösterreich

Letztes Geleit für den kleinen Berk

Sie kamen von nah und fern, um sich vom kleinen Berk zu verabschieden. Das bewegende Schicksal des Achtjährigen, der am Freitag in der Volksschule St. Pölten-Wagram von seinem eigenen Vater erschossen wurde, sorgte am Dienstag für einen riesigen Menschenauflauf auf dem Gemeindefriedhof in St. Georgen.

In einem Autokonvoi mit Polizeibegleitung wurde der Leichnam des Buben zuerst vom Krankenhaus zum Alevitischen Kulturzentrum gebracht, wo gegen 13 Uhr eine Trauerfeier stattfand. Dann ging es etwa 15 Kilometer weiter zum Gemeindefriedhof nach St. Pölten-St. Georgen. Neben der türkischen Community waren auch Lehrer der Volksschule vor Ort, die ihren Schüler bei strahlendem Sonnenschein auf seinem letzten Weg begleiteten. Insgesamt trauerten mehr als 150 Menschen um den Achtjährigen.

Gemäß der muslimischen Tradition wurde der Leichnam nicht in einem Sarg, sondern nur in ein Tuch eingewickelt begraben. Dazu wurde eine Sure aus dem Koran gesungen. Die Be­troffenheit stand allen ins Gesicht geschrieben, die Angehörigen weinten bitterlich. Die Polizei schirmte das Areal ab, damit die Trauergäste unter sich bleiben konnten.

Während Berk zu Grabe getragen wurde, liefen in der Volksschule die Vorbereitungen für den ersten Schultag nach der schrecklichen Bluttat. "Die Lehrer haben sich am Dienstag mit einer Psychologin zusammengesetzt, um zu besprechen, wie man das Geschehene mit den Kindern am besten verarbeiten kann", berichtet Direktor Christian Waka.

Schulalltag

Wichtig sei, dass die Kleinen wieder sehr behutsam in den Schulalltag zurückgeführt werden. Waka: "Wenn es notwendig ist, besteht auch die Möglichkeit für Einzelgespräche. Es wird aber alles seine Zeit brauchen."

Andrea Richter, Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes Niederösterreich, betont, dass es wichtig sei, den Schülern die Möglichkeit zu geben, sich von ihrem Klassenkameraden zu verabschieden. "Man kann zum Beispiel Luftballone steigen lassen, oder einen Brief schreiben." Außerdem müsse man ihnen "Struktur geben". Obwohl der Unterricht natürlich "zurückgefahren" werde, solle die Schule "weiterlaufen wie immer". Prüfungen würden freilich "für eine Zeitlang" abgesagt. Richter: "Es muss aber auch wieder eine ge­wisse Normalität einkehren, auch wenn das nach so einem Fall ganz schwierig ist. Aber wenn die Kinder lernen, sind sie auch abgelenkt und müssen nicht an die Tat denken."

Gedenkfeier

Geplant ist jedenfalls eine Gedenkfeier, die am kommenden Freitag im Turnsaal abgehalten werden soll. Die Veranstaltung soll eine Art Schlussstrich unter dieser Tragödie sein, die noch immer niemand so recht begreifen kann – auch Waka nicht. "Ich habe in den vergangenen Tagen oft das Gespräch mit meiner Familie gesucht, die mir sehr hilft."

Schwester


Unklar ist noch, ob die Schwester des Mord­opfers in dieser Volksschule bleiben wird. Sie musste ja die Tragödie mitansehen, blieb aber zum Glück unverletzt. Waka: "Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, aber letztendlich bleibt es natürlich eine Entscheidung der Mutter."

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