Kleine Bierbrauer auf dem Vormarsch
Von Gilbert Weisbier
Bierbrauen ist in Mode. Immer mehr Menschen interessieren sich nicht nur privat für die Herstellung des alkoholischen Getränks. Etliche sind selbst unter die Produzenten gegangen.
Aus anfänglichen Kochtopfexperimenten wird somit am Ende ein Geschäftsmodell. So hat sich die Zahl der Brauereien in Österreich von 2000 bis 2015 von 106 auf 214 nahezu verdoppelt. Am stärksten ist die Zunahme laut Verband der österreichischen Brauereien in Ostösterreich.
Ein ungewöhnliches Beispiel ist das Ehepaar Stefan und Daniela Friesenbichler in Wösendorf in der niederösterreichischen Wachau: Da braut ein selbstständiger Steirischer IT-Techniker in einem ehemaligen Weinkeller mitten ein neues Bier. Gleich hinter dem Haus befinden sich beste Winzer-Rieden.
Erst seit April steht der Kochtopf im Eck und befindet sich dafür ein professioneller Kessel im Keller. Doch schon muss das Paar an Erweiterung denken. Friesenbichlers Biere finden enormen Anklang – auch bei den Winzern.
Auf ein Bier
"Immer wieder bleibt einer auf dem Heimweg von der Weingartenarbeit mit dem Traktor vor unserem Haus stehen und kauft eine Flasche", erzählt der Jung-Bierbrauer. Er erledigt das "Manuelle", seine Frau ist für Verwaltung und Marketing zuständig. Wie zuvor bei einem großen Weinbaubetrieb.
Dass beide Bierliebhaber sind und Stefan seit Jahren ein Buch übers Bierbrauen besitzt, brachte die Sache ins Rollen. Ein Tages-Schnupperkurs in der Schlossbrauerei Walpersdorf bei St. Pölten gab den Ausschlag. Beim Umbau ihres Winzerhauses in der Kellergasse wurde Platz für die Brauanlagen im ehemaligen Weinkeller geschaffen. "Das hätten wir nie genehmigt bekommen, wenn hier nicht vorher Wein erzeugt worden wäre, weil die alten Räume nicht die bei Neubauten geforderte Höhe erreichen. Die Behörden haben uns in dem komplizierten Verfahren sehr unterstützt", sagt Stefan, der jeden Besucher auf niedrige Türen aufmerksam macht.
Unerwartet
"Inzwischen kommen Anfragen aus Richtungen, mit denen wir gar nicht gerechnet haben. Von Leuten, die eine Hochzeit ausrichten oder die ein Geschenk für den Besuch bei einem Winzer mitnehmen. Sogar die örtliche Spitzengastronomie will unser Bier", strahlt Daniela.
"Der Trend fördert die Vielfalt und motiviert große Brauereien, Neues auszuprobieren", meint Jutta Kaufmann-Kerschbaum, Geschäftsführerin im Verbandes der Brauereien Österreichs.
In den vergangenen Jahren sind viele der Faszination des schäumenden Getränks verfallen. Der ehemalige Industriemanager Michael Schneider aus Krems in NÖ beispielsweise begann erst mit 50 zu brauen . Derzeit baut er in Schiltern im Waldviertel eine neue Brauerei, in der auch Wissen vermittelt werden soll.www.bierserver.at www.brauhaus-woesendorf.at