Chronik/Niederösterreich

In acht Stunden über die Chinesische Mauer

Von Anna Kindlmann

Die letzten Meter eines Vollmarathons kosten immer einiges an Überwindung. Jener Lauf, den Anna Poledna vergangenen Mai bestritt, hielt auch noch einige „Stolpersteine“ bereit: die hohen Stiegen der Chinesischen Mauer.

„Die größte Herausforderung für mich waren die letzten 20 Kilometer, bei denen die Stufen teilweise hüfthoch waren“, erzählt die junge Klosterneuburgerin, die mittlerweile wieder in Österreich ist. Der so genannte „Conquer the Wall“-Marathon fand am 11. Mai statt und ist nicht irgendein Marathon. In China war es der erste internationale Lauf auf der Chinesischen Mauer. Seit 1999 findet bis heute immer im Mai ein Vollmarathon, ein Halbmarathon, ein 10-km-Lauf und ein 5-km-Lauf statt.

20.000 Steinstiegen

Anna Poledna lief in diesem Jahr mit einer Zeit von 8 Stunden, 30 Minuten und 10 Sekunden durch die Ziellinie. Damit ist sie nicht nur die schnellste Frau gewesen, sondern auch die erste Österreicherin, die bei diesem Wettbewerb gewonnen hat. Der schnellste Mann lief die Strecke nur um 43 Minuten schneller als sie.

Ein Lauf über die Chinesische Mauer ist auch eine kleine Reise durch die Geschichte des Landes. Über 20.000 alte, steinerne Stiegen sind zu überwinden, von denen einige über 40 Zentimeter hoch sind. Der Weg ist teilweise renoviert, auch Stellen, die seit dem Bau bestehen, kommen vor. „Am meisten hat mir meine Trittsicherheit geholfen. Schon als Kind habe ich Touren im Hochgebirge gemacht“, sagt Poledna. 40 Prozent der Teilnehmer, die 2024 für den Vollmarathon angemeldeten waren, schafften es überhaupt nicht ins Ziel und mussten vorzeitig abbrechen.

Im vergangenen Monat schloss die Klosterneuburgerin aber nicht nur den Marathon ab, sondern auch ihr Molekularbiologie-Studium an der Duke Kunshan University. Mit Kollegen trainierte sie auf Beton–Strecken in der Nähe der Universität. „Sie repräsentiert damit sowohl die Wissenschaft als auch den Sport, welches zwei wichtige Fundamente Klosterneuburgs sind über die Grenzen Österreichs hinweg“, freut sich Klosterneuburger Bürgermeister Christoph Kaufmann (ÖVP).