Herbergssuche: Wer klopfet an?
Von Uwe Mauch
Endlich keine Gefahr! Endlich Ruhe! Wenige Tage vor Weihnachten hat die junge syrische Familie eine Herberge gefunden. In einer mehrstöckigen Wohnhausanlage in Mödling, in einer Übergangswohnung der Caritas.
In den Gesichtern der jungen Eltern haben die vergangenen Monate Spuren hinterlassen. Jamal und Najla sehen reifer, erwachsener aus als sie tatsächlich sind. Jamal ist 24, seine Frau Najla erst 20.
Bomben und Granaten
2014 war das bisher intensivste Jahr in ihrem Leben: Granateinschläge waren zu hören, als ihre Tochter im März in einem Krankenhaus in der syrischen Stadt Homs zur Welt kam. Die verheerenden Bilder von Homs haben auch wir gesehen. Nur kurz, in den Fernsehnachrichten. Es waren und sind Bilder von Krieg, Zerstörung und dem Leid der Zivilbevölkerung.
Malak, ein entzückendes Mädchen mit dunklen Kulleraugen, sitzt ganz ruhig auf der Couch, zwischen Vater und Mutter. Sie darf heute ein rosa Stirnband tragen. Zehn Tage nach ihrer Geburt war es weniger feierlich: Da fanden sich Malak und ihre Eltern in einem Wagen eines Flüchtlingshelfers wieder. "Wir haben ihm mehr zahlen müssen", erzählt Jamal. "Damit er uns auf dem schnellsten Weg von Homs zur Grenze bringt." Ergänzt Najla.
Sechs Stunden dauerte ihre lebensgefährliche Fahrt durch das Bürgerkriegsland – bis zur türkischen Grenze. Drei Monate später kamen Jamal, Najla und Malak im Flüchtlingslager in Traiskirchen an.
Durchatmen in der Ein-Zimmer-Start-Wohnung der Caritas in Mödling. Die neue Adresse ist neben der Geburt ihrer Tochter und der am Ende erfolgreichen Flucht das dritte Geschenk in diesem Jahr. Jetzt wollen die Eltern so schnell wie nur möglich gut Deutsch und dann auch einen Beruf lernen. Jamal hat in Syrien eine technische Ausbildung absolviert. Österreich soll nun seine dritte Heimat werden. Nach Syrien, wohin seine Eltern geflüchtet sind, und Palästina, von wo seine Familie eigentlich herkommt.
Schon bald wird die junge Familie eine eigene Wohnung finden müssen. Doch eines nach dem anderen. Noch ist es erforderlich, dass sich die drei Kriegsflüchtlinge von den Strapazen der vergangenen Tage und Wochen erholen. Auch die bange Frage, ob ihr Asylantrag positiv erledigt wird, ob sie somit in Österreich bleiben dürfen, hat zuletzt viel Substanz gekostet.
Verschlossene Türen
Dass die Herbergssuche in Österreich vor neue Probleme stellt, davon können auch Abdinasir und Maymun erzählen. Wenige Tage vor Weihnachten kam ihr Sohn Khadar zur Welt – als Jüngstes von fünf Kindern.
Die Familie stammt aus Somalia, einem Land, das seit 25 Jahren von einem blutigen Krieg überzogen wird. Maymun ist eine kluge Frau ohne Schulbildung. Die blieb der heute 28-Jährigen in ihrer Heimatstadt Mogadischu versagt. Sie erzählt, dass ihr Mann, ihre Kinder und sie nun anerkannte Flüchtlinge sind. Und dass sie in einer kleinen Wohnung im 15. Bezirk untergebracht sind. "Die Wohnung stellt uns die evangelische Diakonie zur Verfügung."
Derzeit teilt sich die Familie zu siebent zwei Zimmer in einem Altbau. Was schwerer wiegt als die räumliche Enge: Die Familie muss bald aus der Startwohnung raus. Die junge Mutter macht sich Sorgen, weil private Wohnungen sehr teuer sind.
Dazu kommt, dass Flüchtlinge mit Mindestsicherung, noch dazu dunkelhäutig und mit fünf kleinen Kindern, nur wenig Vertrauen genießen. Da gehen die Türen schnell wieder zu. Vielleicht um einen Augenblick zu schnell? Ihre Kinder sind von ausgewählter Höflichkeit.
Ihre Augen leuchten bei unserem Fototermin, trotz der traumatischen Erfahrungen, die sie alle tapfer mit sich tragen.
Hilfe zu Weihnachten
Malak: Wer Flüchtlinge wie Malak und ihre Eltern unterstützen möchte, etwa beim Deutschlernen, kann sich zum Beispiel an das Freiwillige Engagement der Caritas Wien wenden.
freiwillig@caritas-wien.at, 01/ 259 20 49
Khadar: Wer Flüchtlingen wie der somalischen Familie helfen möchte, eine Wohnung zu finden, kann sich nach den Feiertagen zum Beispiel an die an die Diakonie-Wohnberatung wenden.
wohnberatung.noe@diakonie.at, 0664 / 889 826 52 (ab 7. 1. täglich von 10 bis 14 Uhr)