Chronik/Niederösterreich

Giftmord: Verdächtige beteuert Unschuld

Der Fall rund um Bogumila W. ist wie ein kompliziertes Puzzlespiel. Einzelne Teile passen zusammen, aber zu einem ganzen Bild lassen sie sich nicht verbinden.

Noch nicht. Oder vielleicht niemals.

Die Polin Bogumila W., 51, steht unter doppeltem Mordverdacht: Herbert A. starb mit 68 Jahren im Oktober 2010; der um sieben Jahre jüngere Alois F. im Februar 2011. Von beiden nahm man an, sie seien an einer Krankheit gestorben. So steht es in den Obduktionsberichten. Die Staatsanwaltschaft Krems glaubt den Befunden nicht mehr. Die Behörde geht von zwei kaltblütigen Mordtaten aus: A. sei mit Arsen vergiftet worden, F. durch den Verzehr von Herbstzeitlosen. Und W., für die beide schwärmten wie von einer Geliebten, erhielt eine Wohnung, Geld, ein Auto.

Die ausgebildete Krankenpflegerin streitet die schweren Vorwürfe vehement ab. "Ich wünsche niemandem, dass er unschuldig in Haft sitzt", erklärt die 51-Jährige dem Dolmetscher. Geduldig antwortete sie auf die Fragen des KURIER, die ihr von ihrem Anwalt, Timo Gerersdorfer, vorgelegt worden sind (siehe Interview unten). "Ich glaube an die Unschuld meiner Mandantin", sagt Gerersdorfer.

W. hatte einen Nerven­zusammenbruch, braucht die Hilfe eines Arztes und spricht regelmäßig mit einem Seelsorger. Ihre "Hoffnung", sagt sie, liege in den ausstehenden Gutachten.

Spurensuche

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Gerichtsmediziner Christian Reiter und zwei Experten überführten schon Elfriede Blauensteiner, die in den 90er-Jahren so ähnlich perfide ihre Männer vergiftet und beerbt hat, wie es nun W. vorgeworfen wird. Die Justiz ließ im ak­tuellen Fall beide Männer exhumieren. Jetzt müssen Reiter und sein Team der Wahrheit nachhelfen und nach toxischen Spuren suchen.

Ohne Vorahnung gehen sie nicht ans Werk. In einer alten Gewebeprobe Ableidingers fand Reiter eine "enorme Menge" Arsen. W. sagte bisher dazu nichts. "Sie kann nichts sagen, weil sie darüber nichts weiß. Sie weiß auch nicht, wo Arsen drinnen ist", erklärt Verteidiger Gerersdorfer.

U-Haft

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Im zweiten Fall ist die Suppe dünner. F. könnte an dem Verzehr von Herbstzeitlosen gestorben sein. Die Symptome, schrieb die Justiz im Festnahme-Befehl, würden dafür sprechen. Anfangs habe seine Mandantin die Vorwürfe nicht realisiert, sagt ihr Anwalt. "Mittlerweile hat sie alles verstanden."

Nächsten Freitag wird entschieden, ob W. in U-Haft bleibt. Das ist bei der Schwere des Vorwurfs fix. Eine wei­tere Einvernahme mache derzeit "keinen Sinn, wenn sie alles abstreitet", sagt Franz Hütter, der Sprecher der Kremser Staatsanwaltschaft. "Wir warten auf die Gutachten", die in rund vier Wochen vorliegen sollen.

Entweder sie sind das passende Verbindungsstück im Puzzlespiel, oder es erweist sich alles als Humbug.

Interview

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Bogumila W.: "Ich habe nie etwas abgestaubt"

Der KURIER bat Bogumila W. über ihren Anwalt, einige Fragen zu beantworten.

KURIER: Die Justiz wirft Ihnen vor, zwei Männer vergiftet zu haben, um ihr Vermögen zu bekommen. Was sagen Sie dazu?

Bogumila W.: Ich bin betroffen. Die Vorwürfe gehen mir sehr nahe. Sie sind aber alle aus der Luft gegriffen. Ich habe auch nie etwas abgestaubt.

Beide Männer sollen Sie durch ein Inserat kennengelernt haben. Was haben Sie gesucht?

Ich habe nie ein Inserat aufgegeben. Herrn A. habe ich vor der pol­nischen Kirche in Wien kennengelernt. Ich war bei einer Bekannten zu Besuch in Wien. Er hat mir erzählt, dass er mit einer Polin verheiratet war und er für längere Zeit ins Spital müsse. Er sagte, dass er danach Unterstützung bräuchte. Im Dezember (Anm.: 2009) habe ich bei ihm angefangen. Bei Herrn F. habe ich mich auf sein Inserat gemeldet. Er hat eine Putzfrau gesucht.

Waren das rein berufliche Verbindungen oder war es mehr?

Ich habe mich um Herrn A. gekümmert. Er war schon krank und ist immer kränker geworden. Ich musste ihn mehrmals ins Spital bringen. Er hat immer vermutet, dass er was hat, und im Spital gesagt: "Bitte sucht das." Es war aber immer rein dienstlich, niemals mehr. Für Herrn F. habe ich nur geputzt. Nie mehr.

Die Frage kennen Sie: Wie erklären Sie sich die hohe Arsen-Konzentration in der Gewebeprobe?

Das kann eine Verunreinigung sein. Oder es gab eine Verwechslung des Gewebes. Daran muss ich nun glauben. Ich kann es mir anders nicht erklären.

Herr F. soll am Verzehr von Herbstzeitlosen gestorben sein?

Das kann ich mir überhaupt nicht erklären. Was soll ich da sagen?

Wieso erhielten Sie eine Wohnung und zumindest ein Auto vor dem Tod beider Männer?

Ich habe die Wohnung (Anm.: von Herrn A.) für die Pflege bekommen. Es war ihm wichtig, dass seine Tochter nichts vom Erbe bekommt. Seine Tochter hat ihn verstoßen oder so. Von Herrn F. habe ich nichts gekriegt. Ich habe ihm das Auto abgekauft. Es gibt einen Kaufvertrag.

Sie durften mit Ihrem Sohn in Polen sprechen. Was haben Sie ihm erzählt?

Ich habe ihm erzählt, dass ich festgenommen worden bin. Inhaltlich durfte ich nichts sagen.

Was gibt Ihnen in diesen Tagen Kraft?

Die Hoffnung. Derzeit belastet mich nur ein Vorab-Bericht. Wenn das echte Gutachten kommt, erwarte ich mir, dass ich entlastet und dann entlassen werde.

Ostern, erzählte Ihr Anwalt, sei Ihnen wichtig. Wie wichtig?

Ich wünsche niemandem, dass er unschuldig in Haft sitzt. Wenn Sie wollen, Herr Redakteur, können Sie gerne mit mir tauschen.

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