Gekurvter Anflug wird auf Praxistauglichkeit überprüft
Von Bernhard Ichner
Bürgerinitiativen in Wien und NÖ sehnen den gekurvten Anflug auf den Flughafen Schwechat seit Langem herbei. Vom gemeinhin "Curved Approach" genannten GPS-gesteuerten Landeverfahren erhoffen sich Flugrouten-Anrainer eine massive Lärmentlastung. Nach jahrelangen Vorbereitungen wird jetzt in Groß-Enzersdorf mit den Praxistests begonnen.
Zur Erklärung: Curved Approach – der Terminus technicus lautet eigentlich "Required Navigation Performance" (RNP) – bedeutet, dass die Flieger nicht einem langen, geraden Landestrahl folgen, sondern erst kurz vor der Piste einschwenken und zum Landeanflug ansetzen (siehe Grafik). Durch das Satelliten-gesteuerte Verfahren könnten Lärm-geplagte Zonen umflogen werden.
Einsatz noch ungewiss
Nahe der Weinviertler Gemeinde Groß-Enzersdorf – unmittelbar an der Wiener Stadtgrenze – sollen nun drei mobile Messstationen zeigen, ob das Verfahren tatsächlich die gewünschte Lärmentlastung mit sich bringt. Wie lange die Testphase dauert, ist allerdings schwer abzuschätzen. Und wann bzw. wo der Curved Approach im Erfolgsfall zum Einsatz kommt, erst recht.
Damit die Messstationen etwas zu tun bekommen, sind vier Voraussetzungen zu erfüllen. "Erstens muss das Flugzeug über die technische Voraussetzung verfügen. Zweitens muss der Pilot die erforderliche Spezialausbildung haben. Drittens muss die Maschine aus dem Süden kommen, um auf die Landepiste 16 einschwenken zu können. Und viertens sind Süd- oder Ostwind nötig", erklärt Wolfgang Hesina, Geschäftsführer des Dialogforums. Vor allem Letzteres ist kaum vorhersagbar.
Von der Qualität der Messdaten hängt ab, ob der Curved Approach tatsächlich für alle Flugzeuge zum Einsatz kommt. Im Dialogforum (in dem neben der Flughafen Wien AG, die Austro Control, die Länder Wien und NÖ, die Anrainer-Gemeinden sowie Bürgerinitiativen vertreten sind) wird dann verhandelt, wo das Verfahren angewandt wird. Denn Groß-Enzersdorf ist vorerst einmal nur Testgebiet.
Bei Flugrouten-Anrainern überwiegt jedenfalls der Optimismus. "Der Curved Approach hat das Potenzial, die Bevölkerung vor Ort zu entlasten, ohne dass der Flugverkehr in andere Gebiete verlegt werden muss", meint etwa Manfred Schweighart von der Bürgerinitiative "Vielzulaut". Von der Testphase würden im Erfolgsfall vor allem die Esslinger profitieren.
AUA-Kapitän Leopold Tazreiter erklärt, wie der Curved Approach funktioniert.
KURIER: Haben Sie Erfahrungen mit dem gekurvten Anflug?
Tazreiter: Austrian hat auf dem Gebiet der Curved-Approach-Technologie Pionierarbeit geleistet und einen ähnlichen Anflug, wie er jetzt in Wien zur Anwendung kommt, seit Jahren in Innsbruck in Verwendung. Dieser Anflug war bahnbrechend und eröffnete dem Flughafen Möglichkeiten, die zuvor im engen Inntal nicht denkbar waren. Neben der täglichen Praxis von Flügen von und nach Innsbruck steckt ein Großteil unserer Erfahrung in stundenlangen Simulatortests.
Ist der Curved Approach schwieriger zu fliegen als die Landung mittels Leitstrahl?
Rein fliegerisch ist er nicht anspruchsvoller als ein ILS-Anflug; der wesentliche Unterschied liegt darin, dass die geforderte Absicherung, die bei herkömmlichen Instrumentenanflugsverfahren am Boden installiert ist, mit dieser Technologie ins Cockpit verlegt wurde; das wiederum erfordert von beiden Piloten im Anflug ein intensives Monitoring der bordseitigen Navigationssysteme.
Kann jeder Pilot den Curved Approach fliegen?
Für diesen Anflug kommen spezielle Crew-Verfahren zur Anwendung. Die Ausbildung erfolgt großteils auf dem Flugsimulator, wo neben speziellen Anflugverfahren alle möglichen Notfall-Szenarien trainiert werden. Letztlich erwirbt der Pilot eine Sonderberechtigung, die ihm gestattet unter gewissen Bedingungen solche Anflüge durchzuführen. Nach der Grundausbildung sind regelmäßige Trainings vorgeschrieben.
Woher weiß der Pilot bei Curved Approach, wann er sich in die Kurve legen muss?
Einfach gesagt, verarbeiten die Flight Management Computer Informationen wie Satellitensignale etc. und geben dem Piloten oder dem Autopiloten den Flugweg in Form eines „Flight Directors vor “ – laienhaft erklärt ist das eine Art Fadenkreuz, welches laterale und vertikale Kommandos gibt. Im Curved Approach werden über diese Systematik exakte Kurvenradien, die geforderte Präzision und der vertikale Flugweg vorgegeben.
Wie viele Curved-Approach-taugliche Maschinen hätten die AUA denn überhaupt?
Zurzeit haben rund 25 Flugzeuge die technischen Voraussetzungen. Und etwa 50 Piloten sind berechtigt, Curved Approaches zu fliegen.