Chronik/Niederösterreich

Islamistenprozess: Fünf Jahre Haft für Magomed Z.

Die Kalaschnikow habe er nur kurz bekommen – nur zum Fotografieren. Aber gekämpft habe er in Syrien nicht. Er wollte nur armen Flüchtlingen helfen.

Das ist nicht nur die Verteidigungsstrategie des 30-jährigen tschetschenischen Asylwerbers Magomed Z., sondern auch die Argumentationslinie von vier Mitreisenden, die Dienstag aus dem tschetschenischen Grosny per Skype in den Gerichtssaal des Landesgerichtes Krems zugeschaltet waren.

Einer der terrorverdächtigen Tschetschenen will nach dem Tod seiner Mutter vor zwei Jahren überhaupt große Teile seines Erinnerungsvermögens verloren haben. Selbst der Aufenthaltsort war lange unklar – irgendwo an der türkisch-syrischen Grenze.

Kampfausbildung

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Ein Zeuge gibt zu, ebenfalls eine Waffe bekommen zu haben – aber auch nur für ein Foto. Von einer Terrororganisation namens Ansar al-Sham, bei der sie laut Anklage eine Kampfausbildung erhalten haben, wollen alle Befragten nichts wissen. Das wäre nur ein Flüchtlingslager gewesen. Und sie hätten dort spontan armen Menschen geholfen. Beispielsweise hätten sie Holz aus einem nahen Wald herbeigeschafft. Die Richterin fasst mit hörbarer Skepsis zusammen: "Da gibt es keine Organisation, niemand erteilt Befehle. Und sie gehen spontan in den Wald, fällen Bäume, hacken sie zusammen und bringen sie ins Lager?"

Während der Vernehmung erkannte die Richterin, dass die in Grosny eingesetzte Gerichtsdolmetscherin höchst widersprüchliche Übersetzungen lieferte. Die Kremser Richterin ließ die Dolmetscherin entfernen. In aller Eile wurde ein Tschetschenisch-Dolmetscher in Krems organisiert, um die Vernehmungen fortsetzen zu können.

Dass die Zeugen in Grosny nicht unbeeinflusst aussagen, ergibt sich aus der politischen Konstellation. Wenn dort jemand zugibt, dass er in Syrien gegen das Assad-Regime gekämpft hat, hat er ganz schlechte Karten, denn Russland und Assad sind Verbündete. Das ist auch ein Angriffspunkt für Z.s Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz. Er stellt die von den russischen Behörden übermittelten Vernehmungsprotokolle infrage. Sie seien über weite Strecken wortident, was nach Manipulation rieche. Außerdem sei die von der Anklage erwähnte Ansar al-Sham auf keiner Terrorliste zu finden.

Urteil nach Mitternacht

Das Gericht ließ sich von diesen Argumenten nicht überzeugen. Nach Mitternacht wurde Magomed Z. schuldig gesprochen und zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt (nicht rechtskräftig). Der Schöffensenat war überzeugt, dass sich der 30-Jährige einer terroristischen Gruppe angeschlossen hatte. Aus Sicht von Verteidiger Blaschitz ist das Urteil "völlig überzogen. Von den Strukturen her sind die wesentlichen Dinge für eine Verurteilung weggefallen. Die Würze für Terrorismus gibt es nicht mehr", sagte er kurz nach der Urteilsverkündung. Sowohl der Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft haben Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet.

Jugendlicher

Zu zehn Monaten bedingt (nicht rechtskräftig) wurde am Landesgericht Krems ein 18-jähriger Tschetschene verurteilt. Er hatte laut Anklage via Facebook IS-Botschaften verbreitet. In der Urteilsbegründung führte der Richter aus, dass sich der damals 17-Jährige als Mitglied des IS verstanden habe.